Essen & Trinken, Nachlese & Seitenblicke
Kommentare 8

Einer für alle – alle für einen

Erst letztes Wochenende sind sie mir im Netz begegnet:

Raphael und seine Frau Nieves. Die beiden üben den totalen Konsumverzicht und gehören zu den sog. „Mülltauchern“, auch „dumpster diver“ oder „Freeganer“ genannt.

So sehr ich den Lebensstil der beiden bewundere und die Philosophie dahinter nachvollziehen kann, eine Frage beschäftigt mich dennoch: Wenn wir uns alle aus dem klassischen Erwerbsleben zurückziehen und nur mehr von dem leben wollten, was andere wegwerfen, wer produziert dann die notwendigen Konsumgüter?

Ein Bericht vom SWR.

8 Kommentare

  1. Wombatus sagt

    Der totale Konsumverzicht wäre ehrlich gesagt nichts für mich! Aber mich schockiert immer wieder, wie viele unverdorbene Lebensmittel in der Tonne landen… doch was tun mit der verschrumpelten Paprika im eigenen Kühlschrank oder dem eingetrockneten Brot vom Wochenende? Ein paar nützliche Tipps zur Müllvermeidung in der eigenen Küche findet man u.a. in einer App des Landwirtschaftsministeriums: Unter https://www.zugutfuerdietonne.de/ gibt es genauere Informationen zu diesem kostenlosen Angebot!

    • Minimalismus21 sagt

      Vielen Dank für den wertvollen Hinweis!
      Eine andere Alternative: foodsharing.

      Die Internet-Plattform möchte Privatpersonen, Händlern und Produzenten die Möglichkeit geben, „überschüssige Lebensmittel kostenlos anzubieten oder abzuholen. Über http://www.foodsharing.de kann man sich auch zum gemeinsamen Kochen verabreden um überschüssige Lebensmittel mit Anderen zu teilen, statt sie wegzuwerfen.“

      Habt ihr noch weitere Tipps? Dann hinterlasst gerne einen Kommentar.

  2. Ich stelle mir gerade die Frage, ob ich mir Deine Frage stellen soll, was passieren würde, wenn wir alle so leben würden wie die kleine Familie im Video. Die drei machen ja nichts Illegales. Oder ist es moralisch verwerflich, sich aus der Mülltonne zu ernähren? Ich denke nein, denn sie leben nachhaltiger als fast jeder von uns. Die Message, die Raphael & Co. verbreiten, auch indem sie mit ihrer Geschichte in die Presse und Fernsehen gehen, lautet einfach: Leute, lebt wieder bisschen einfacher und bewusster. Deswegen stellen ja nicht alle gleich das Arbeiten ein.

    Viele Grüße,

    Christof

    • Minimalismus21 sagt

      Ich denke, die beiden haben selbst die beste Antwort auf diese Frage gegeben:

      „Wenn ich mir vorstellen müsste, ich gehe an die Tonnen und ich finde nix mehr zu Essen, dann würde ich in die Luft springen. Dann wäre das ja eigentlich der Erfolg von dem, was wir auch quasi mit dieser extremen Lebensweise versucht haben, ja, ans Tageslicht zu bringen. Dass es eben nicht weitergeht so. Und von daher ist es dann zwar das Ende dieser Lebensweise, des Überflusses, aber das wäre ja die Erfüllung unseres Traumes.“
      (Quelle)

      Eine Variante im Anschluss: Leben in der Gemeinschaft. Autark und als Selbstversorger.

      Viele Grüße
      M21

  3. Ich kann mir das Video gerade leider nicht anschauen. Die Technik funktioniert momentan nicht. Die Frage nach absolutem Konsumverzicht beschäftigt mich gerade auch. Na ja, eigentlich schon seit drei, vier Wochen immer mal wieder. Ich komme nur gerade einfach nicht dazu, mir mal richtig tiefgehende Gedanken dzbgl. zu machen. Das Ganze durchzudenken.
    Hier mal ein kurzer Ansatz:
    Mein Mann kam nach Hause und meinte, dass reduziert leben vielleicht doch nicht so ganz richtig wäre. – Wieso? – Na ja, wenn das jeder machen würde, dann bräche unsere Wirtschaft zusammen. – Macht aber nicht jeder. – Aber war doch bisher unser Traum, oder nicht? Reduzierter und bewusster leben. – Schon, aber… – er wartet – … – er wartet weiter…
    Das war der Einstieg. Ich: Es würde sich umverteilen. – Was? – Es würden neue Werte entstehen. Andere Dingen würden an Bedeutung gewinnen. Zum Beispiel dass wir uns mehr umeinander kümmern. Um unsere Alten, Kranken und die Kinder. Neue Jobs würden entstehen. IKEA würde vielleicht etwas schrumpfen, aber die Tischlerei aus dem Nachbardorf wieder an Bedeutung gewinnen.
    Das sind so die Gedanken, die mir bislang dazu durch den Kopf gegangen sind. Bin gespannt, ob ich das mit den Video noch hinkriege… Liebe Grüße.

    • Minimalismus21 sagt

      Liebe rage,

      leider hat Stern.de das Video nach einer Woche offline genommen :-(.
      Aber es gibt einen ähnlichen Beitrag hier.
      In der ZDF-Dokumentation „Schätze aus der Tonne“ (37°) kommen Raphael und seine Frau Nieves ebenfalls zu Wort.
      Dort sind sie mir auch selbst zum ersten Mal im Netz begegnet.

      Deine Gedanken und die Deines Mannes kann ich sehr gut nachvollziehen.
      Kennt ihr das Buch „Befreiung vom Überfluss“ (Niko Paech)?
      Dort stellt der Autor genau Deine Überlegungen auf. Also was wäre wenn…?
      Das Ganze läuft unter der Vision „Postwachstumsökonomie“.
      Ein Beispiel dafür: „Weniger kaufen, dafür mehr mit anderen gemeinsam organisieren, tauschen, nutzen oder produzieren bedeutet, das Ökonomische wieder in das Soziale einzubetten.“ (Niko Paech, 147).

      Im Kleinen gibt es ja beispielsweise diese Tauschgesellschaften schon.
      Das Buch ist zwar stellenweise kompliziert geschrieben, spiegelt aber genau Deine Gedanken wider :-).
      Ich frage mich: Warum eigentlich nicht? Und tendiere zu einer Lebensweise, in der wir alle weniger Stunden arbeiten, aber jeder, der möchte, Arbeit bekommt. Die freie Zeit könnten wir dann eben für die Pflege neuer Werte – wie von Dir beschrieben – nutzen.

      Ich freue mich, dass Dich ähnliche Gedanken beschäftigen.
      In den ersten Jahren meiner minimalistischen „Reise“ stand das Entrümpeln von materiellem Besitz ganz klar im Vordergrund.
      Mittlerweile geht es jedoch um viel mehr.

      Liebe Grüße
      M21.

  4. Also: Das Buch habe ich tatsächlich in den vergangenen zwei Wochen irgendwann mal entdeckt. Aber noch nicht gelesen. Habe ja beschlossen erstmal nur noch meinen BüchereiAusweis zu nutzen. Bei der ganzen guten Literatur, die ich derzeit jedoch ausfindig mache, weiß ich nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Denn unsere Bücherei ist nicht so uptodate. Und wenn ich für jedes Buch bei jeder Fernleihe 2,50 zahlen muss.

    Jedenfalls musste ich, beim Schreiben meines letzten Kommentars, die ganze Zeit an einen Roman denken, den ich vor 1-2 Jahren gelesen habe. Mir ist der Titel aber nicht mehr eingefallen. Und da kauft doch heute prompt jemand online genau dieses Buch von mir. Als ich den Titel gelesen habe, wusste ich es gleich wieder. ‚Das Tahiti-Projekt‘. Es handelt sich in dem Buch um so was wie eine Utopie. Sowas in der Art. Irgendwie.

    Aber warum nicht? Warum eigentlich nicht? Je mehr ich drüber nachdenke, auch über den Gedanken einfach die Arbeitszeit zu reduzieren… BurnOut und BoreOut zum Trotz… Allerdings hätten Ärzte, PsychoTherapeuten und Psychiater dann auch wieder weniger zu tun… Ich glaube, man müsste es einfach darauf ankommen lassen. Die Welt würde sich wieder finden. Und der Spruch: Never change a running system, trifft ja nun mal schon seit langem nicht mehr wirklich zu. Unser System hinkt. Ich bin gespannt. …

    • Minimalismus21 sagt

      Ich habe gleich einmal nach dem Buch „Tahiti-Projekt“ gesucht.
      Die Jagd auf Rohstoffvorräte – und damit ein Teil der Handlung – ist etwas, das wir wohl leider noch erleben werden…

      Deswegen: Jeder von uns kann schon jetzt seinen Beitrag dazu leisten, sich diesem Wahnsinn zu widersetzen. Denn wie Du schon sagst: Das System hinkt bereits. Und ist es nicht eine großartige Freiheit, die wir uns selbst erlauben, indem wir bspw. nicht mehr jeden Trend mitmachen? Uns dem „höher, weiter, schneller, mehr“ entziehen? Das Glück in erster Linie in uns selbst und nicht im Außen suchen?

      Für Psychotherapeuten und Co. würde es dann tatsächlich eng werden.
      Aber die könnten ja z.B. wieder einen Job im klassischen Handwerk übernehmen. Stichwort „Postwachstumsökonomie“ ;-).

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