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Film-Tipp: From Business to Being

Drei Führungskräfte, drei Lebensgeschichten, eine Gemeinsamkeit: Ein ehemaliger Investmentbanker bei Lehman Brothers, ein Großprojektmanager der Automobilindustrie und ein Gebietsverantwortlicher von dm-drogerie markt suchen ihren persönlichen Ausweg aus dem Hamsterrad des (beruflichen) Getriebenseins. Der deutsche Dokumentarfilm From Business to Being porträtiert die drei Topmanager bei ihrer Suche nach alternativen Lebenswegen – fernab von Burnout und Versagensangst. Und plädiert für mehr Achtsamkeit und Meditation im Alltag.

Wann ist der Mensch ein Mensch?
In vielen Unternehmen herrscht eine Kultur aus Zuckerbrot und Peitsche. Gelebte Werte wie Furcht und Begeisterung sollen Mitarbeiter zu immer neuen Höchstleistungen antreiben. Die permanente Angst, nicht zu den Topleistungsträgern der Company zu gehören, ist ebenso gegenwärtig wie das euphorisierende Gefühl, Marktbegleitern überlegen zu sein. Eine gefährliche Umgebung, die keine Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten sowie die individuelle Leistungsfähigkeit des Einzelnen nimmt. Kann der Mensch in einer solchen Umgebung noch Mensch sein? Wohl kaum, denn Angst, chronischer Stress und dauerhafte Überlastung führen bei den meisten auf lange Sicht in eine Sackgasse namens Depression, Erschöpfungssyndrom und Co.
„Eine nicht achtsame Organisation denkt kurzfristig“ und „reagiert nur reflexhaft auf Situationen“, bilanziert im Film auch Janice Marturano, Gründerin und leitende Direktorin des Institute for Mindful Leadership. Ihre Non-Profit-Organisation konzentriert sich auf die Ausbildung und Begleitung von Führungskräften in den Bereichen Achtsamkeit und exzellentes Leadership und versucht, diese Personen zu neuen Vorbildern in Firmen zu machen. Denn wer eine Kultur des Wandels möchte, muss den sogenannten „Change“ selbst leben, muss vorleben, Vorbild und Leitfigur sein. Nur so lassen sich andere Menschen gewinnen, lassen sich Kolleginnen und Kollegen von notwendigen Veränderungsprozessen überzeugen und ihrerseits zu Multiplikatoren für ein neues Verständnis der Arbeitswelt machen.

Janice Marturano coacht Führungskräfte

Offline im digitalen Zeitalter
Zu diesem Verständnis – das zeigt die Doku ganz deutlich – gehört es auch, Grenzen zu setzen, „Nein“ zu sagen. Nein zu permanenter Erreichbarkeit bzw. Verfügbarkeit, wie sie uns die modernen Massenmedien des 21. Jahrhunderts ermöglichen. Nein zur vielbeschworenen Flexibilität und zu einer vermeintlichen Form von Multitasking, die uns lediglich vom Being zum Business bringt. Aber nicht umgekehrt. „From Business to Being“ plädiert dagegen für ein „ganzheitliches Öko-Bewusstsein“ (bes. Claus Otto Scharmer), „das im Dienst des Allgemeinwohls steht und nicht nur das eigene Wohl im Sinn hat“.
Eine ähnliche Haltung vertritt auch Professor Arthur Zajonc. Der emeritierte Quantenphysiker praktiziert seit über 40 Jahren Meditation und hat eine klare Haltung, was angemessenes wirtschaftliches Arbeiten bedeutet, nämlich „dass ökonomische Transaktionen von gegenseitiger Fürsorge geprägt sind.“ Ohne sie laufen wir irgendwann Gefahr, in den täglichen Mühlen unter die Räder zu kommen. Nach dem Motto: „Was passiert, wenn Du jetzt noch zehn Jahre so weiter machst? Dann hast Du vielleicht noch ein bisschen mehr auf dem Konto, aber bist dann das totale Wrack.“ So wie Rudolf Wötzel, der sein erfolgreiches Bankerleben gegen das eines Hüttenwirtes tauschte, nachdem der materielle Erfolg sich hohl, das Fehlen von Privatleben und Familie sich sinnentleert anfühlten.

Über die Berge zu mir selbst. Rudolf Wötzel hat ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben

Innehalten, Neuorientierung, Minimalismus, eine positive Vision wie das Leben auf einer Alm: Ausstieg, Umstieg und Lebenswechsel haben viele Gesichter. From Business to Being zeigt einige dieser Exitstrategien, die keinesfalls den absoluten Bruch mit der bisherigen Karriere bedeuten müssen. Die Protagonisten erlauben einen frappierend offenen Blick in Berufs- und Seelenleben, der berührt und zum Nachdenken anregt. In der Dokumentation, die diese Woche bundesweit in ausgewählten deutschen Kinos angelaufen ist, liegt der Schwerpunkt v.a. auf verschiedenen Achtsamkeits- und Meditationsstrategien sowie auf einem verstärkten Bewusstseinstraining. Das mag in Summe ein wenig einseitig erscheinen. Wer genauer hinsieht und -hört, entdeckt jedoch zahlreiche kleine „Glücksrezepte“, aus denen ein persönliches Lebensmodell für mehr Sinnhaftigkeit, Zufriedenheit und Verbundenheit mit dem eigenen Ich werden kann. Wie hieß es bei der Filmvorführung in München unter Anwesenheit von Regisseur und Produzent Julian Wildgruber so treffend: „Lassen Sie sich berühren!“

Weitere Vorstellungen von From Business to Being sowie Zusatzinfos im Social Web.

Weitere Alternativen zu einer neuen Arbeitswelt zeigt auch der Film Augenhöhe auf.

Weitere Artikel zum Thema „Achtsamkeit“ gibt’s in der aktuellen Ausgabe von moment by moment.

Alle Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von From Business to Being.

 

Für die Pressekarten zur Kinovorführung bedanken wir uns bei mindjazz pictures.

7 Kommentare

  1. Alexandra sagt

    Der Film regt auf alle Fälle zum Nachdenken an. Ich fand ihn absolut sehenswert. Allerdings war ich ziemlich enttäuscht von der Firma dm. Vor allem der Vorsitzende der Geschäftsführung Erich Harsch konnte mit dem was er sagte und seiner Körpersprache so gar nicht überzeugen. Er hatte die ganze Zeit die rechte Hand zu einer Faust und hat diese auch nicht wirklich lösen könne. Leider hat mich auch Götz Werner nicht wirklich überzeugt. Bisher hatte ich ein deutlich positiveres Bild von dm, nach dem Film ist es etwas ins Wanken gekommen. Ich kann mir darüber jetzt kein abschließendes Urteil erlauben, weil ich einfach zu wenig weiß und die Zusammenhänge des Unternehmens kenne, ich fand es nur sehr Auffällig. Dann eben auch noch einer der Manager der Drogeriekette Torsten Müller der mit einem geeichten Stock durch die Läden läuft und die Höhe der Schildchen nachmisst, für mich passt das nicht wirklich. Vielleicht auch nur ein zufällig nicht so optimal ausgewählter Filmschnitt. Der Film jedoch unbedingt sehenswert.

    • Liebe Alexandra,

      Deine Enttäuschung können wir sehr gut verstehen! Warst Du bei der Vorführung in München dabei?

      Da wurde die Haltung von dm auch im Publikum intensiv diskutiert, v.a. die Frage: Wie und wo drückt sich Verantwortung in der Company aus. Der dm-Vertreter konnte – das muss man ehrlich sagen – keine überzeugende(n) Antwort(en) liefern. Auch die Frage, welche Werte in dieser Firma sonst noch gelebt werden, blieb am Ende im Grunde offen.

      Ich kann nur Vermutungen anstellen, woran das liegt. Jedenfalls müssten die Mitarbeiter hier kommunikativ nachsitzen. Oder sich eingestehen, doch nicht so weit zu sein, wie sie glauben.

      Kennst Du eigentlich die Doku „Augenhöhe“?

      Herzliche Grüße
      M21

  2. Alexandra sagt

    Nein, den Film Augenhöhe kennen ich noch nicht, aber dank Eurer Verlinkung werde ich ihn mir dann in den nächsten Tagen anschaun. Jedenfalls Danke für die Verlinkung und den Tipp.

    Gut, dass wir mit unserem Eindruck bezügl. dm nicht alleine sind. Oft glaube ich nämlich auch zu kritisch zu sein, was es manchmal echt schwer macht.

    Überhaupt Danke für Eure Beiträge. Ich bin bisher eine stille Mitleserin gewesen und gebe nicht allzu oft einen Kommentar ab, was ich glaube ich aber ändern werde, da sich etwas verändern und bewegen muss in der Gesellschaft.

    • Liebe Alexandra,

      herzlichen Dank für Dein Feedback zu Film und Blog: Der Austausch mit unseren Lesern bereichert unser Leben sehr. Und wir freuen uns immer riesig, wenn sich Menschen (hier) einbringen.

      Eine gute Woche und bis bald einmal
      M21

  3. Antje sagt

    Mich hat der Film auch sehr angesprochen und ichwürde gern noch einmal das Zitat am Ende des Films „Erfolg ist…“ nachlesen. Können Sie mir da weiter helfen? Das Team selbst ist gerade schwer beschäftigt mit der Kinotour, denke ich. Vielen Dank!

    • Liebe Antje,

      das freut uns zu hören.

      Anbei das Zitat:

      „Oft und viel lachen;
      die Achtung intelligenter Menschen
      und die Zuneigung von Kindern gewinnen;
      die Anerkennung aufrichtiger Kritiker verdienen und
      den Verrat falscher Freunde ertragen;
      Schönheit bewundern, in anderen das Beste finden;
      die Welt ein wenig besser verlassen,
      ob durch ein glückliches Kind,
      ein Stückchen Garten
      oder einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Gesellschaft;
      wissen,
      dass wenigstens das Leben eines anderen Menschen leichter war,
      weil du gelebt hast.
      Das bedeutet, nicht umsonst gelebt zu haben.“

      Ralph Waldo Emerson

      Sei herzlich gegrüßt von M21

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