Schon in jungen Jahren haben mich Bücher fasziniert. Zwischen den Buchdeckeln gab es fremde Welten, ungeheuerliche Abenteuer und faszinierende Persönlichkeiten zu entdecken. Gerne erinnere ich mich daran, wie mir mein Vater „Die Abenteuer des Pinocchio“ vorlas. Kaum konnte ich selbst lesen, verschlang ich Unmengen an Büchern: Abenteuergeschichten von Kapitän Ahab bis zu Balthasar Bux, Sagen aus der griechischen und römischen Antike, Jugendromane von Schneider-Buch – einfach alles! In meiner Teenagerzeit zogen mich moderne Klassiker von Hemingway bis Kundera in ihren Bann und begleiteten mich durch die Pubertät.
Erst durch Studium und Berufseinstieg ist mir diese unbeschwerte Lesefreude abhanden gekommen. Oft kann ich mich nicht mehr einfach in eine Geschichte fallen lassen, verliere schnell die Lust an nichtsagenden und sprachlich anspruchslosen Romanen der aktuellen Bestsellerlisten. Heute vertiefe ich mich lieber in Fachliteratur verschiedenster Themengebiete – je nach aktueller Interessenslage. Eine Lesebiografie, wie sie sicherlich viele Menschen durchlaufen.
Buchkult und Trennungsschmerz
Geblieben sind Regale voller Bücher. Lange Jahre dachte ich, man müsste alle gelesenen Bücher aufheben, spiegeln sie doch die eigene intellektuelle Entwicklung wider. Aber eigentlich weiß ich, dass ich die allermeisten Werke nie mehr aus dem Regal nehmen und erneut lesen werde. Zugegeben: Anders als bei Schulbüchern fällt mir das Ausmisten bei Belletristik schwer; selbst Romane, die man heute definitiv nicht mehr lesen wird, weil sie ihren Zauber längst verloren haben, kann ich nicht einfach aussortieren. Es bleibt die positive Erinnerung an eine prägende, aber nicht wiederholbare Leseerfahrung – und ein vergilbtes Buch im Regal. Eigentlich benötigt man diese Gedächtniskrücken nicht. Doch das Loslassen gelingt nicht immer. Kann man sich endlich einmal trennen, steht man vor dem nächsten Dilemma: Wohin mit den alten verstaubten Büchern? Verkaufen ist selbst bei den einschlägigen Online-Portalen oftmals mühselig; einfach irgendwo liegen lassen? Die Unsicherheit zu groß, ob ein Bücherfreund den schmerzlich weggegebenen Schatz findet, bevor der nächste Regen kommt…
Verschenken macht Spaß: öffentliche Bücherschränke
In München gibt es endlich Abhilfe für Bibliophile wie mich: In Schwabing wurde ein Bücherschrank installiert, der für Bücherspenden gedacht ist. Man kann eigene Bücher einstellen und andere mitnehmen! Die massive Stahlkonstruktion des fest im Boden verankerten Schrankes bietet optimalen Schutz vor Wind und Wetter, selbstschließende Glasschiebetüren erleichtern den Austausch der Bücher, freiwillige Helfer gewährleisten Sauberkeit und Ordnung in den Regalen. Ganz ungezwungen kann man den Bestand durchstöbern, schmökern und sich mit anderen Bücherliebhabern austauschen.
Hasteten früher die meisten Menschen an dieser Straßenecke achtlos vorbei, bleiben jetzt immer Leute stehen, schauen neugierig, suchen nach neuem Lesestoff, bringen eigene Bücher vorbei. Ein lebendiger Magnet im Stadtviertel, der die verschiedensten Bewohner zwanglos zusammenführt. Das Konzept ist ein voller Erfolg und auf jeden Fall einen Besuch wert. Und ich kann mich endlich leichter von alten Romanen trennen…
Bücher weggeben. Kaum etwas war und ist so schwierig. Ich selbst bringe es nicht fertig mich von Henry Miller zu trennen. Ebenso ist „Per Anhalter durch die Galaxis“ nicht aus meiner Bücherrecke zu entfernen, ebenso der kleine Prinz mit einer sehr privaten Widmung. So sind von ehemals vielleicht 200 Büchern noch ca. 8 Bücher übrig. Der harte Kern sozusagen. Bücherschränke sind eine tolle Sache. Vor allem, weil sie zur Begegnung einladen.
Das mit der Fachliteratur kenne ich bedingt. Da ich mich aber auch schon seit den ersten Büchern für Sachthemen interessiere, existieren beide Welten (Fiktion und Sachbuch) nebeneinander in friedlicher Koexistenz.
Ich habe ständig ein Lächeln gehabt weil ich mir mit deinen Phasen so genau identiziert habe. Allerdings nicht mit der letzte… Von Bücher kann ich mich am Schwierigsten trennen. Ein großer Grund dafür sind meine zukünftige Kinder. Als ich 11 war, hatte ich schon mehr Bücher alleine als meine Eltern und Bruder zusammen. Und hatte auch schon ihre Bücher gelesen, viele auf jeden Fall nicht für eine 11 Jährige geeignet. An diesem Zeit entdeckte ich die Stadtbibliothek, aber so gerne ich Bücher liebe, habe ich mich im Bibliotheken nie wohl gefühlt. Und so komme ich zu Heute wo ich nicht mal Kinder habe, aber möchte dass sie reichlich Auswahl haben ☺ obwohl ich ohne dieser Gedank auch Schwierigkeiten hätte… Ich lese aber immer mit post its und markiere mir Sachen, die mir auffallen. Und manchmal hole ich mir tatsächlich ein Buch und lese eine zufällige Markierung. Ja, Bücher will ich noch nicht gehen lassen. Danke für eure inspirierende Blog Posts
Hallo Andreia,
wenn Du wüßtest, wie viele Bücher immer noch bei mir in den Regalen stehen… 😉
Tatsächlich fällt mir das Aussortieren von Büchern ebenfalls immer noch schwer… bei mir liegt das sicherlich u.a. daran, dass ich in einem bibliophilen Haushalt aufgewachsen bin – mein Vater war ebenfalls Deutschlehrer. Eine Wohnung voller Bücherregale ist für mich eine Selbstverständlichkeit – und diese Sozialisation wirkt intensiv nach… 😉
Da sich meine Eltern schon vor einigen Jahren wohnraumtechnisch verkleinerten, habe ich bereits einige Bücher vorab „geerbt“: Ich beherberge also nicht nur meine, sondern z.T. auch die Lesebiographie meines Vaters.
Trotzdem (oder gerade deshalb) komme ich einfach nicht umhin, die Regalwände immer wieder kritisch durchzugehen… geholfen hat mir dabei vor allem der Umzug im letzten Jahr – sozusagen ein erzwungener #Reset, den wir auch hier auf unserem Blog thematisiert haben. Gerade bei Belletristik habe ich fast jedes Buch, das ich nicht selbst gekauft habe, in die Hand genommen und angelesen… oftmals musste ich mir dabei eingestehen, dass mich einige Werke der 1960er und 1970er Jahre nicht angesprochen haben – weder der Stil noch die Thematik. Selbst wenn sie für meinen Vater bedeutsam gewesen sind – trotzdem durften sie gehen…
Bei Werken, die ich selbst gekauft und mit Vergnügen gelesen habe, die also meine Lesebiographie verkörpern, fällt mir das unendlich schwerer; und das, obwohl ich bei den meisten Büchern sicher bin, sie nie mehr zu lesen…
Ein völlig anderes Thema sind Fach- und Schulbücher, auf die ich beruflich angewiesen bin… mit dieser (lehrerspezifischen) Probematik schlage ich mich auch noch herum.
Aber egal ob schöne Literatur oder Fachwissen – der Kompromiss für mich lautet: Die bestehenden Regalwände müssen reichen! D.h. immer wieder Platz schaffen für neue Bücher. So kann ich wenigstens den Status quo erhalten, ohne in einer Bibliothek zu leben… 🙂
Vielen Dank nochmal für Deinen Kommentar und weiterhin viel Spaß beim Lesen! 😉
Michael – Herr M21er