Monate: Juli 2018

Nachlese: Das kann doch weg! (Fumio Sasaki)

Ich liebe Erfahrungsberichte zum Thema „Minimalismus“. Und versuche, ihnen in verschiedenster Form auf diesem Blog Raum zu geben – egal, ob als Gastbeitrag, Interview, Film- oder Buchbesprechung. Das befreiende Gefühl, mit weniger zu leben, tritt nämlich oftmals erst im Vergleich mit anderen Menschen bzw. Gleichgesinnten hervor. Einer von ihnen ist Fumio Sasaki, Mitte 30, Lektor und Blogger in Tokio. Doch Sasaki war nicht immer Minimalist, wie er selber sagt. Früher kaufte ich jede Menge Sachen in dem Glauben, all diese Dinge würden mein Selbstwertgefühl steigern und mich glücklicher machen. […] Gleichzeitig maß ich mich ständig mit anderen Menschen, die mehr oder Besseres besaßen, was mich nur traurig machte. So traurig, dass der Japaner ganze Seiten mit seinem alten Ich füllen kann, einer unsicheren Persönlichkeit voller Selbstzweifel und innerer Zerrissenheit sowie dem trügerischen Gefühl, dass Geld und Besitz allein der Schlüssel zum Glück seien. Als sich der junge Mann von diesen Glaubenssätzen ebenso verabschiedet wie von einem Großteil seiner Dinge, versteht er, dass es beim Loslassen oft um mehr als um das bloße Entrümpeln geht. Meiner …

#MoreMoments 11: Handlettering. Kunstvolle Entschleunigung

Du hast aber eine schöne Schrift! Nein, habe ich nicht. Meine Handschrift ist zwar leserlich, zumindest wenn ich mir Mühe gebe, aber nicht sonderlich hübsch. Funktional, doch ohne große Schnörkel oder herzförmige i-Pünktchen. Beim Handlettering hingegen genieße ich es, ein abwechslungsreiches Buffet an Buchstaben aufzufahren. Handlettering, das lässt sich am ehesten als Buchstabenmalerei beschreiben. Ende 2015 stieß ich auf dieses kreative Hobby und wurde schnell in den Bann der Buchstaben gezogen. Ich probierte etliche Papiersorten, Stifte und Techniken aus, feilte stetig an meinem Können und Stil. Durch das Handlettering entdeckte ich die unglaublich inspirierende Welt von Instagram, und welch wunderbarer Austausch dort unter den Lettering-Liebhabern herrscht. Es macht Spaß, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, Feedback zu erhalten und zu geben, sich gegenseitig zu inspirieren und anzuspornen. Durch sogenannte monatliche Challenges bleibt man regelmäßig am Ball bzw. Stift und erfreut sich gemeinsam mit einer großen Community an der Buchstabenmalerei. Seit Anfang 2016 lade ich unter meinem Pseudonym fraulyoner regelmäßig meine Letterings hoch. Doch wer nun glaubt, beim Handlettering stehe das Ergebnis im Vordergrund, irrt. Es geht …

Out of Office. Ichzeit 2018

Meine letzten großen Sommerferien liegen weit zurück. Genauer gesagt im letzten Jahrhundert und im letzten Jahrtausend zugleich. Mitte der 1990er Jahre. Vor dem letzten Schuljahr, das mich nach 13 Jahren Klassenraum in die Welt von Studium und diversen Nebenjobs entlassen sollte. Sechs Wochen, die alles versprachen, aber nichts von mir verlangten. Sechs Wochen, in denen Zeit noch nicht zu einer Währung verkommen war, einer Währung, die man ausgeben und investieren musste – für Hausarbeiten und gute Noten, in Praktika und erste Schritte auf dem Arbeitsmarkt. 42 Tage, die mir wie ein kostbarer Schatz vorkamen und stets ein Gefühl von „Alles ist möglich“ im Gepäck hatten, von Unendlichkeit, Unbeschwertheit und tiefster „Seelenbaumelei“. Weniger Zeug, mehr Zeit Irgendwann sind mir diese Gefühle mehr und mehr verlorengegangen. Denn die Währung hatte sich ausgezahlt. Ein abgeschlossenes Studium, eine fertige Doktorarbeit, solide Festanstellungen. Dazwischen mühsam erwirtschaftete Auszeiten von zwei bis maximal drei Wochen am Stück, um Körper und Geist wieder zusammenzuführen und ein Gefühl für das Hier und Jetzt fernab von externen Ansprüchen an mich und meine Person zu bekommen. …