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Nachlese: Natürlich leben (Rebecca Sullivan)

Als Stadtkind bin ich meinen schon lange verstorbenen Großeltern besonders für eine Erfahrung dankbar: Durch ihre kleine Selbstversorgerwirtschaft auf ihrem ehemaligen Bauernhof bin ich in meinen Ferien mit Gärtnern, Tierhaltung inklusive Schlachtung, Fischen, Einmachen, Kochen, Holzmachen, Schnitzen, Handwerken und Renovieren in Berührung gekommen. Der große Nutzgarten, das Angeln am Altrhein inklusive Fahrradtour, die Kaninchen und Hühner und die nie endende Arbeit an dem gut 100 Jahre alten Anwesen waren immer ein Garant für ereignisreiche Sommerferien. Ganz nebenbei habe ich viel Wissen über einen naturnahen Lebensstil erfahren, der damals auf dem Dorf selbstverständlich war – und habe mit Oma die weltbesten Essiggurken auf dem alten Holzherd in der Küche eingeweckt!

Rebecca Sullivan kennt die besten natürlichen Rezepte

Do it yourself
Solche Erlebnisse sind heute nicht mehr selbstverständlich. Stattdessen gehen viel Wissen und alte Traditionen verloren. Und genau diesem Trend stellt Rebecca Sullivan ihr Ratgeber-, Rezepte- und Anleitungsbuch „Natürlich leben. Die besten DIY-Rezepte für Dich und Dein Zuhause“ entgegen. Wie sie in ihrer Einleitung schreibt, geht es ihr „mit Blick auf die Nachhaltigkeit […] dabei vor allem um eine Ernährungsethik, die unsere Umwelt berücksichtigt, sowie um soziale und ökonomische Gesichtspunkte.“

Die Anregung für dieses Rezept erhielt die Autorin von ihrer Cousine – „eine der tollsten Profiköchinnen“

Um das zu erreichen, lädt uns die Australierin ein, das Ernährungswissen unserer Großeltern zu bewahren: Keine Fertigprodukte, heimische, saisonale Produkte und alles aufbrauchen, nichts wegwerfen! So versammelt der schön bebilderte Ratgeber aus dem Knesebeck-Verlag zahlreiche Kochrezepte, die teilweise von der Urgroßmutter der Autorin stammen.

Was mich als leidenschaftlichen Hobbykoch dabei überzeugt, ist die wohltuend unaufgeregte Selbstverständlichkeit, mit der traditionelle Fleischgerichte wie z.B. die Herstellung einer Knochenbrühe neben vegetarischen oder veganen Rezepten wie leckeres Pesto mit Möhrenkraut angeboten werden. Überrascht hat mich, wie einfach eigentlich die Herstellung von Butter ist – das möchte ich in den nächsten freien Tagen gerne ausprobieren! Von meiner Oma habe ich bereits einige Tipps fürs Aufbewahren und Weiterverwenden von Lebensmitteln gelernt, aber z.B. die Möglichkeit, übriggebliebene frische Kräuter in Öl einzufrieren, war mir unbekannt. Selbst für Hobbyköche wie mich finden sich noch einige neue Erkenntnisse rund um die Küche!

Gießseife – ein echtes Naturprodukt aus dem Buch von Rebecca Sullivan

Altes Bewahren, Modernes ergänzen
Außerdem präsentiert die leidenschaftliche Gärtnerin, Umweltaktivistin und Mitgründerin der australischen Wohlfühlmarke Warndu zahlreiche Tipps und Tricks zum Selbstmachen von Reinigungsmitteln und Kosmetika. Aber auch Grundlagen der Pflanzenheilkunde finden sich in dem vielseitigen Nachschlagewerk. Damit bewahrt Sullivan das fast vergessene Wissen unserer Großeltern und transferiert es geschickt in unsere moderne Alltagswelt. Denn die Zutaten können auch von modernen Großstadtmenschen leicht selbst gezogen, hergestellt oder gekauft werden. Zu Beginn steht eine „Einkaufsliste“ mit Basiszutaten, von denen sich die meisten Dinge sowieso in jedem Haushalt finden. Man kann also sofort loslegen und spannende Dinge wie z.B. „Epsom-Salz“ entdecken, dessen vielseitigen Nutzen als Heilmittel bei Verdauungsproblemen bis hin zum vielseitigen Beautymittel ich nicht kannte.

Der Ratgeber ist in zwei große Abschnitte unterteilt. In „Haus & Heim“ finden sich neben zahlreichen Kochrezepten auch Anleitungen für die Herstellung natürlicher Reinigungs- und Waschmittel bis hin zu Teppich-, Backofen und Herdreiniger sowie Möbelpolitur und Seifen. Das zweite Kapitel ist mit „Schön & Gesund“ überschrieben und vermittelt die Herstellung von Kosmetika und Naturheilmittel.

Die einzelnen Rezepte und Anleitungen sind mit einem kurzen persönlichen Einleitungstext versehen, der Lust auf Schmökern, Entdecken und Ausprobieren macht. Außerdem verstärkt die ansprechende Buchgestaltung den Wohlfühlmoment bei der Lektüre. Zahlreiche ganzseitige Bilder, eine geschickte Kombination von Bild und Text sprechen das moderne Bilderleben von Instagram und Co. an, vermitteln aber gleichzeitig eine hyggelige Utopie von einem friedlichem Landerleben. Auf jeden Fall lädt Sullivans „Natürlich leben“ zum Ausprobieren ein!

Alle Zitate nach Rebecca Sullivan: Natürlich leben. Die besten DIY-Rezepte für Dich und Dein Zuhause. München 2018 (26,49 Euro gebunden/ 18,00 Euro Taschenbuch)

Für das Rezensionsexemplar bedanken wir uns beim Knesebeck Verlag.
Bilder: © Nassima Rothacker/Knesebeck Verlag.

Nachgefragt: Wohin mit ausgemisteten Sachen?

Wer kennt das nicht? Minimalismus zu leben ist manchmal gar nicht so einfach – sei es, weil die Sammlerin bzw. der Sammler in uns kurzfristig die Oberhand beim Ausmisten gewinnt, sei es, weil die aussortierten Gegenstände nicht so schnell die eigenen vier Wände verlassen, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hatte. Die Liste der Gründe ließe sich beliebig erweitern. Deshalb möchten wir wissen: Wie macht Ihr das eigentlich, liebe Minimalistinnen und Minimalisten: Wie sorgt Ihr für ein einfacheres und aufgeräumtes Leben? Eure Tipps sind gefragt. Los geht es mit einem „Leserbrief“, der uns vor Kurzem via E-Mail erreicht hat und den wir hier nach Rücksprache mit der Absenderin veröffentlichen dürfen.

Wir sind gespannt auf Eure Erfahrungen, Tricks, Tipps und Ideen in den Kommentaren!

Es gibt so viele Bücher, dass es keinen Sinn hat, welche zu lesen, die einen langweilen. (Gabriel García Márquez)

Marie mistet aus: Wohin mit den Sachen?
Ich heiße Marie (Name von der Redaktion geändert), bin Ü40 und beschäftige mich seit vielen Monaten mit dem Thema Minimalismus. Ich möchte mich drastisch reduzieren. Ich habe auch schon kräftig aussortiert. Allerdings habe ich das Problem, dass die gängigen Tipps via Internet nicht funktionieren. Seit mehr als zwei Jahren versuche ich, die aussortieren Sachen wie Bücher (Romane, die sehr gut erhalten sind, aber älter als drei Jahre), Kleidung und Schuhe (auch nicht brandaktuell, aber teilweise nie getragen) und Krimskrams loszuwerden.

Habe es schon versucht über:

Ergebnis: Kein Interesse an den ganzen Sachen. Ich habe tatsächlich nur 20 Euro verdient beim Flohmarkt und die Standgebühr war teurer. Vor zehn Jahren ging auf dem Flohmarkt mehr. Rückmeldung bei ebay auf Kleidung und Bücher gleich null – ging nicht mal als Kleider- oder Bücherpaket weg. Möbel wollte die Caritas nicht eimal geschenkt. Ich habe teilweise ein Jahr alte Möbel auf den Wertstoffhof gebracht.

„Zu-verschenken-Kisten“ am Straßenrand – nicht immer sind die Sachen so gut erhalten wie hier

Wie werde ich es los in wenigen Tagen?
Ich lebe allerdings auch auf dem flachen Land. Eine Großstadt wie München oder Berlin ist weit entfernt. Vielleicht ist das der Grund, dass kein Interesse an Gebrauchtem besteht. Meine Frage ist nun: Wohin mit den ganzen Sachen? Bei den Büchern habe ich bereits einige über die Papiertonne entsorgt. Die Entsorgung ist nicht meine bevorzugte Variante, da es mir missfällt, Ressourcen zu verschwenden. Das ist nicht umweltfreundlich.

Alles einfach wegwerfen und nach vorne schauen? Oder habt ihr andere Tipps, die bei euch funktioniert haben?

Nachgefragt auf Minimalismus21
Habt Ihr auch eine Frage rund ums Ausmisten, Aussortieren und Entrümpeln an unsere Community? Dann schreibt uns einfach eine kurze Nachricht an kontakt@minimalismus21.de!

6 G: Minimalismus im April

6 G: Minimalismus im April ist der Auftakt zu unser neuen Serie, in der wir Euch monatlich ein paar ausgewählte Appetithappen rund um das einfache und bewusste Leben vorstellen wollen. Dazu gehören Lektüre- und ausgewählte Produkttipps ebenso wie spannende Projekte und Initiativen, Nachdenkliches und Kritisches. Viel Spaß mit unseren ersten „6 Gs“ wünschen M21 und der Herr M21er!

Gelesen Weshalb mich weniger Besitz glücklich macht. Mit Minimalismus mehr Klarheit im Leben von Guido Schlaich aus dem Kosmos Verlag (Stuttgart 2021). Bei Schlaich beginnt das einfache Leben mit einem Möbelstück, genauer gesagt mit einer Couch. Sie ist Schluss- bzw. Wendepunkt für den studierten Innenarchitekten, der auf kurzweiligen 120 Seiten die Lebensgeschichte seines Downgradings erzählt – schnoddrig, unverblümt und unzensiert. Selbst die eigenen Nachbarn oder Ex-Partnerinnen werden einer „materialistischen Bestandsaufnahme“ unterzogen. Das ist durchaus unterhaltsam, führt aber an einigen Stellen dazu, dass sich der Autor zu sehr in geschlechterspezifischen Klischees verliert. Denn nicht nur Frauen verfügen hin und wieder über einen (zu) voluminösen Kleiderschrank, lieber Guido! Und dem (digitalen) Nomaden steht nicht zwangsweise der Messie am anderen Ende der Ausmist-Skala gegenüber.

Wertvoll fand ich dagegen den Gedanken, dass Menschen sich Lebenssituationen konstruieren, um nicht ans Wegwerfen und Loslassen denken zu müssen. Auch die Überlegung, wonach es drei Phasen des Besitzes gibt – darunter das bewusste Erleben desselben – hat mich angesprochen, was wohl an der gemeinsamen Sozialisation und Kindheit im analogen Zeitalter liegt. Die Generation Ü35 ahnt, wovon ich spreche. Wer neben den einschlägigen Methoden zum Ausmisten noch eine andere Variante sucht, wird in der Lektüre ebenfalls fündig: Verbrennen lautet die Devise als „mythologisches Momentum“ und Ritual – nur eine (radikale) Möglichkeit, um die Qual der Wahlmöglichkeiten zu reduzieren.

Geteilt wurde ein Statement von uns bei der lieben Marion. Auf ihrem Blog Frugales Glück schreibt sie über Minimalismus, Nachhaltigkeit, pflanzliche Ernährung und intuitives Essen. Schaut doch mal rein und erfahrt 133 Gründe, um minimalistisch zu leben.

Die aktuelle zweiteilige Artikelreihe von Marion: „Warum Minimalismus? 133 Gründe, um minimalistisch zu leben“

Getestet Fast zwei Jahre ist es her, dass Andreas von Anders & Komisch uns fragte, ob wir ihr Mini-Portemonnaie im Kreditkarten-Format testen wollen. Es würde „einerseits zur Reduktion“ einladen „und die Hosentasche erleichter(n), andererseits lokal und in Handarbeit produziert“ werden. Wer unsere Vorliebe für Secondhand kennt, weiß, dass wir nur ungern über neu produzierte Ware berichten und bei der Vorstellung von Produkten sehr zurückhaltend sind. Doch der kleine vegane Geldbeutel des Berliner Labels ist ein ganz Großer für mich geworden. Und das liegt nicht nur am schicken Design und der liebevollen Details. Seit Sommer 2019 begleitet mich der goldfarbene A&K MINI auf Schritt und Tritt, egal, ob in der Hosen- oder Umhängetasche. Alle wichtigen Dokumente und Ausweise wie Fahrkarte oder Personalausweis finden hier problemlos Platz, das Gummiband hat auch nach über 700 Tagen nichts von seiner Elastizität verloren. Lediglich mein Hang zur Kartenzahlung hat sich verstärkt, da sich meine Fingerfertigkeit beim Herauspicken von Kleingeld im Münzfach in Grenzen hält. Mit Weniger zum Mehr – bei Anders & Komisch mehr als ein Versprechen.

Mein treuer Begleiter seit über zwei Jahren: A&K MINI – ein kleines großes Goldstück

Gestaunt haben wir über die Möglichkeit, Papier aus Äpfeln herzustellen. Bettina Theissmann will genau diese Idee umsetzen. Für ihr Journal LESS AND ME sollen Apfelreste aus Südtiroler Äpfeln mit FSC-zertifizierter Zellulose zu Apfelpapier verarbeitet und auf diese Weise wertvolle Ressourcen geschont werden. Das Versprechen der Münchnerin: Als Tagebuch und Coach regt das Journal mit gezielten Fragen die eigene Suche nach Klarheit und einem bewussten Leben an. Wer das Projekt unterstützen möchte: Die Crowdfunding-Kampagne läuft noch bis zum 20. April 2021.

Unser Beitragsbild (© Bettina Theissmann) gewährt einen Ausblick auf den Planer.

Antons geheime Reise mit Paul Pulli

Gefördert werden kann auch das Buchprojekt von Alexandra Wagner. Antons geheime Reise mit Paul Pulli ist der erste Band der neuen Kinderbuchreihe Die magische Welt der Dinge. Jeder Band soll sich, so Wagner, dem Herstellungsprozess eines bestimmten Produktes widmen, dessen Lieferkette sowie den Auswirkungen auf Mensch und Natur.

In Band eins dreht sich alles um die Herstellung von Bekleidung am Beispiel eines Baumwollpullis. Das Ziel der Autorin: Kinder auf eine spielerische und kindgerechte Weise zum Nachdenken über die wichtigen Themen unserer Zeit anzuregen, darunter Konsum, Herstellungsprozesse sowie Auswirkungen unseres Handels auf Umwelt und Mitmenschen. Mehr Infos zum Crowdfundig (bis 19. April 2021) findet Ihr unter startnext.com.

Kaufen oder (nur) gucken? Unsere primäre Shoppingquelle: Flohmärkte. Hier: RAW-Gelände in Berlin

Gelernt Den Begriff „Schaufenster-Lecken“ aus dem Buch von Judith Levine: No Shopping! Ein Selbstversuch. Berlin 2007, Seite 82: „Die amerikanische Historikerin Rosalind Williams, die über das Paris der Jahrhundertwende schreibt, bezeichnet die damals völlig neuen Massenkonsumtempel – die Kaufhäuser, Verbrauchermessen, Filmpaläste – als ein „für alle zugängliches Versailles, zumindest zu Geschäftszeiten“. Die Verbraucher können dort Kleider anfassen und anprobieren, „Luxusartikel bestaunen, stilvoll reisen und Vergnügungen genießen, die normalerweise nur für wenige Glückliche reserviert sind“, und alles „ohne Kaufzwang“. […] Nicht umsonst nennen die Franzosen den Schaufensterbummel la lèchevitrine, Schaufenster-Lecken.“

Wie gefällt Euch unsere neue Serie? Welche „Gs“ wünscht Ihr Euch in Zukunft? Hinterlasst uns einfach einen Kommentar und gewinnt ein Exemplar von Guido Schlaich. Bitte denkt daran, Eure E-Mail-Adresse (nicht öffentlich sichtbar auf dem Blog!) anzugeben. Unter allen Antworten zieht die Glücksfee am Ende drei Gewinner:innen.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Umtausch bzw.  Barauszahlung des Gewinns sind nicht möglich. Teilnahme ab 18 Jahren. Teilnahmeschluss: 18. April 2021, 23.59 Uhr.

Für das Rezensionsexemplar sowie die Kooperation (Verlosung) bedanken wir uns beim KOSMOS Verlag!