Manchmal komme ich mir vor wie ein analoges Fossil. Vielleicht liegt es an meiner Sozialisation in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends, dass ich immer noch an haptischen Dingen hänge. Und damit meine ich in diesem Fall Ton- und Bildträger jeglicher Art (und Bücher natürlich). Ich besitze viele Schallplatten, einige Kassetten, DVDs und vereinzelt sogar noch Videokassetten mit Filmen, die ich sonst nicht mehr bekommen würde… Gleichzeitig haben wir – sicherlich später als viele andere – die Vorzüge von Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime kennen und schätzen gelernt.
Früher musste man genau planen, um den Lieblingsfilm auf VHS zu verewigen – so er denn endlich ohne Werbung in der ARD, dem ZDF oder bei uns in Bayern auf ORF lief. Oder relativ viel Geld für eine Kauf-VHS-Kassette ausgeben. Und hatte man es sogar geschafft, eine ganze Serie lückenlos auf Band aufzunehmen – bei mir war das seinerzeit „Irgendwie und sowieso“ – war man der Held im Freundeskreis und das Band machte leihweise seine Runde, was der ohnehin schlechten Qualität der Longplay-Aufnahme nicht besonders zu Gute kam… aber keine Sorge, meine Anekdoten sollen kein „Früher war alles besser“ – Lamento werden…
Analoges Horten oder digitaler Minimalismus?
Beim Weihnachts-Lockdown-Binge-Watching von alten DVDs ist mir bewusst geworden, warum wir lange Zeit Filme aufgehoben haben: Wir sind dem Muster unserer Kindheits- und Teenagerjahre auf den Leim gegangen. Denn damals waren Lieblingsfilme nicht immer und überall verfügbar und mussten wie ein Schatz gehütet werden. Gleiches halt im Übrigen für die gemäß Taschengeldbudget sündhaft teuren LPs oder selbst vom Radio aufgenommene MCs! Wenn man „La Boum – die Fete“, den „Volltreffer“ oder „Convoy“ nochmal sehen wollte, dann musste man den jeweiligen Film auf VHS erwischt haben! Heute ist hingegen nahezu alles im Netz verfügbar, zu jeder Tages- und Nachtzeit nur wenige Klicks entfernt, teilweise sogar kostenlos.
Trotzdem ist es für mich ehrlicherweise immer noch eine Herausforderung, gerade Medien aller Art nicht mehr zu horten. Diesem Drang nicht mehr nachzugeben, erleichtert mir die zweite Erkenntnis unseres visuellen Feiertage-Marathons: Die meisten DVDs, die wir aus dem Regal gezogen haben, hatten wir vor Jahren gesehen und fanden sie gut, deshalb durften sie bleiben. Aber ich konnte mich an die wenigsten erinnern. Ich hätte schwören können, sie noch nie gesehen zu haben.
Weniger Besitz, mehr loslassen
Was habe ich für mich daraus gelernt? Es gibt letztlich zwei Möglichkeiten: Entweder ich behalte meine private Videothek und kann bis zur Rente immer wieder von vorne anfangen, ohne dass es stört – an die meisten Streifen kann ich mich eh schon nach ein paar Wochen nicht mehr erinnern. Oder ich lasse Filme (bzw. Medien insgesamt, für Bücher gilt letztlich das Gleiche) großzügig ziehen, auch wenn sie mich begeistert haben… und freue mich auf jede Neuentdeckung, die ich in der letztlich so knapp bemessenen Freizeit machen darf! So dürfen alle Filme nach dem Konsum gehen, naja, fast, meine VHS-Kassette mit „La Boum – die Fete“ behalte ich dann doch noch… Sammler und Minimalist, mein ewiger Konflikt…
Wie geht es Euch mit diesem Thema? Seid Ihr eher Team „Analoger Messie“ bzw. „Digitalnomade“ beim Medienkonsum? Wir freuen uns über Eure Erfahrungsberichte im Kommentarfeld.
In der Zwischenzeit bin ich absolut digital! Aber ich verstehe den analogen Ansatz, das Gefühl zb eine echte Schallplatte in der Hand zu haben ist für mich immer noch reizvoll, aber unpraktikabel. Viele lieben es einfach von Herzen und es kann doch auch ein Hobby sein!
Ich möchte mich auch nicht von meinen Schallplatten, CD`s und Büchern trennen, ich finde es einfach schön ein Buch in der Hand zu halten oder eine CD einzulegen bzw. Schallplatte aufzulegen. Erinnert es mich doch an vieles und frühere Zeiten….dieses Gefühl kommt eher nicht auf wenn ich Musik oder Bücher online höre/lese. Ich denke, man muss auch nicht alles weggeben, dadurch spart man ja auch keine Ressourcen……allerdings achte ich schon darauf, was ich neues Kaufe, weniger ist oftmals mehr!