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Mogelpackung Carsharing?

Ich fahre gern Auto. Eigentlich. An einem lauen Sommertag durch die malerische Voralpenlandschaft oder das Fünf-Seen-Land cruisen, den Arm lässig aus dem Fenster hängen lassen und den Fahrtwind im Haar spüren… traumhaft!

Stattdessen die Realität: Stau auf dem Mittleren Ring, Stoßstange an Stoßstange in den ersehnten Feierabend. Warum ich mir das überhaupt antue?
Mit dem öffentlichen Nahverkehr ist meine Arbeitsstelle nur beschwerlich und mit erheblichem Zeitverlust zu erreichen. Auch habe ich neben meinen zahlreichen Unterrichtsmaterialien stets mein eigenes Notebook dabei. Schwer beladen in U- und S-Bahn? Mehrmals umsteigen? Oder mehrere Kilometer an einer Ausfallstraße entlangradeln?
Hier siegt (noch) meine Bequemlichkeit über die Vernunft. Zugegeben ein Luxusproblem unserer westlichen Welt.

Grenzen des Individualverkehrs
Doch blickt man im Stau über den Scheibenrand seiner kleinen abgeschirmten Fahrgastzelle, sieht man meist ebenfalls nur eine Einzelperson pro Fahrzeug – eine endlos lange Blechkolonne lang.
Schnell den Gedanken beiseite geschoben, dass der Individualverkehr selbst in Städten wie München schon längst an die Grenzen seiner Möglichkeiten gestoßen ist. Kopf in den Sand gesteckt, Auto in der Garage geparkt, erleichtert, wenigstens einen der in unserem Viertel seltenen und daher heiß begehrten Stellplätze ergattert zu haben.

Viel zu viele Autos, jeder freie Meter ist trotz Parklizenz ab dem frühen Abend zugeparkt… eigentlich furchtbar! Doch auf mein eigenes möchte ich auch nicht verzichten. Was könnte die Lösung sein?

Carsharing – von den Kunden bezahlte Werbung
Carsharing ist das neue Zauberwort. Flinkster, Car2go, DriveNow – immer mehr davon sind nicht nur auf Münchens Straßen zu finden. Meiner Meinung eine falsche Entwicklung. Für Berufspendler wie mich ist das keine Alternative. Hier muss die Stadtpolitik konsequent auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Radwege setzen. Innerhalb der Innenstadt gerne auch auf Kosten der Autofahrer, indem Fahrbahnen zugunsten von Bus- und Radspuren verengt werden. Gleichzeitig sollte auf den Ring- und Ausfallstraßen für einen zügigen Verkehrsfluss gesorgt werden, z.B. durch Untertunnelungen. Dies alles geschieht zum Glück in München, auch wenn die im nächsten Jahr abgeschlossenen Tunnelgroßprojekte durch einen Volksentscheid gegen den Willen der Stadtregierung durchgesetzt werden mussten.

Wer mietet aber nun die schicken Flitzer, die mehr und mehr die ohnehin schon knappen Parkplätze in der Innenstadt bevölkern?
Eine autolose Familie mit Kindern für einen Wochenendtrip ins bayerische Umland? Wohl kaum, wie mir ein Freund erst kürzlich bestätigte; denn hier sind die klassischen Vermieter die erste und günstigste Wahl. Für regelmäßige Einkaufsfahrten zum Großmarkt trotz Verzichts auf den eigenen PKW?  Hier empfiehlt sich in München eher die Anmeldung bei Stattauto, einem klassischen Carsharing-Angebot, bei dem nach Voranmeldung eines der an bestimmten Plätzen zur Verfügung gestellten Autos von den Mitgliedern genutzt werden darf.

Empirisch belegen kann ich es nicht, aber ich habe den Eindruck, vor allem junge Leute wählen die brandneuen Wagen von Flinkster und Co. Für eine flotte Probefahrt. Am beliebtesten in München: Mit dem Mini Cabrio von DriveNow durch Schwabing ins nächste Café oder in den Biergarten. Mit dem Verzicht auf das eigene Auto ist man ja schließlich hip, urban und modern.
Ohne in typische München-Klischees zu verfallen: Hier werden zusätzliche Anreize geschaffen, in der Stadt das Auto zu benutzen. Absolut unnötig. Mit ihrem scheinbar günstigen, problemlos verfügbaren Wagenpark ködern die großen Hersteller lediglich potentielle Neukunden – äußerst werbewirksam verpackt in das aktuell hoch im Kurs stehende Motto „Teilen statt besitzen“!

Meine Beobachtung wird durch eine im September erschienene Studie gestützt. Das Berliner Beratungsunternehmen Civity hat die Nutzung von modernen Carsharing-Angeboten genauer unter die Lupe genommen. Das Fazit ist ernüchternd. „Die Angebote trügen […] nicht zur Entlastung des Verkehrs in den Innenstädten bei“, so der Journalist Jürgen Rees zusammenfassend zur aktuellen Untersuchung. In seinem erst kürzlich auf zeit.de erschienen Artikel „Zweifel an der Nachhaltigkeit des Autoteilens“ bilanziert er das Ergebnis der Studie: „[Den] Analysen zufolge wird ein Leihwagen beispielsweise in Berlin durchschnittlich rund 62 Minuten am Tag gefahren – kaum mehr als ein Fahrzeug im Privatbesitz. Im bundesweiten Durchschnitt seinen die Nutzungszeiten sogar noch geringer […]: Car2go erreiche eine tägliche Auslastung von 54 Minuten, DriveNow von 58 Minuten. Carsharing werde zudem für vergleichsweise geringe Entfernungen genutzt.“
Offensichtlich teilt das Leihauto das Schicksal des privaten PKW: Es steht meist ungenutzt herum. Und die zurückgelegten Strecken hätte man auch zu Fuß, mit dem Rad oder dem öffentlichen Verkehr bewältigt.

Noch stehen valide Langzeitstudien aus, doch ich bleibe skeptisch. Als Berufspendler steht es mir überhaupt nicht zu, über andere Autofahrer in der Stadt zu mäkeln. Aber dieser neuen Art des sogenannten Carsharings kann ich keine Vorteile abgewinnen.

Könnt Ihr mich vom Gegenteil überzeugen?

11 Kommentare

  1. Vielleicht sollte man hier zwischen zwei Nutzungsarten des Autos unterscheiden: a) dem reinen Nutzen als Transportmittel, und b) dem Nutzen als Spaßobjekt, als Statussymbol.

    Ich wohne über einer Kampfsportschule mit überwiegend einschlägiger Kundschaft. Die fahren alle im Daimler vor. Das ist ihnen wohl wichtig. Dazu hören sie laute, nicht unbedingt kulturell-intellektuell geprägte Musik. Die Jungs (sind überwiegend Jungs) könnten genauso mit dem Rad fahren, so trainiert wie sie sind. Parkplätze gibt’s nämlich hier auch nicht genug. Aber es geht ja auch gar nicht um den Transport. Das kann man nun finden, wie man will, dieses Bedürfnis ist da. Und wenn kommerzielle Anbieter dann einen schicken Mini anbieten, dann greifen die Leute zu. (Noch krasser: Bei uns gibts jetzt einen Laden, der Ferraris verleiht.)

    Den Transport-Nutzer vermute ich da eher bei klassischen Carsharing-Vereinen.

    • Hallo Toc4,

      ich sehe es ganz genauso wie Du! Ich glaube auch nicht, dass die oftmals in den Medien heraufbeschworene Abkehr vom Auto als Statussymbol bereits die breite Masse der Bevölkerung erreicht hat… und das trotz voller Straßen und fehlender Parkplätze…

      M21er

  2. Interessanter Gedankengang, so habe ich das Thema noch gar nicht betrachtet! Und gleichzeitig pervers, wie etwas so positiv Beworbenes dann doch so nutzlos ist. Ich habe mich bei einem Blick auf die Preise aber auch schon gefragt, wer das eigentlich nutzt. Sobald man den von dir beschriebenen Wochenendausflug macht (und ja, hier ist ein Auto wirklich herrlich!), ist der klassische Autoverleih einfach günstiger.

    • Hallo vonallemzuviel,

      ich glaube einfach nicht, dass für die junge „Generation Y“ das Statussymbol Auto tatsächlich schon ausgedient hat, wie manche Studien behaupten.
      Ich muss nur den Fuhrpark vor meiner Schule anschauen, mit dem die Oberstufenschüler jeden Morgen ankommen… und wie zu meiner Jugendzeit steht man cool um das erste eigene Auto herum, laute Musik läuft und es wird über Motoren gefachsimpelt…
      Die Hersteller glauben offensichtlich auch noch an die jungen Autofahrer und wollen sie ködern, indem sie ihre schicken Flitzer in den In-Vierteln der Städte verteilen… am erfolgreichsten macht das BMW, die in München mit DriveNow geschickt ihre Mini-Flotte als cooles Stadtauto bewerben…
      Sicherlich wird sich die Mobilität und der Individualverkehr in den nächsten Jahren wandeln; allein die angestrebte Vernetzung und Automatisierung der Autos wird massive Änderungen bewirken… doch ob das tatsächlich zum Verzicht auf das eigene Auto führt?

      M21er

  3. Hi,

    ich denke, hauptsächlich wurde der Begriff des „Sharings“ hier falsch interpretiert. Nicht im Sinne von „ich habe etwas zusätzlich“, sondern „ich nutze einen Gegenstand mit vielen gemeinsam“, die dafür etwas abschaffen oder im besten Fall nicht neu anschaffen.

    Es ist ja nicht so, als würde sich etwas im Positiven ändern, wenn Person a (Golf 4), Person b (BMW 318d) und Person c (Toyota Auris) zum Einkaufenfahren nun ihre Autos zu Hause stehen lassen und dafür das Car-Sharing nutzen. Auch ändert sich an der Situation hinsichtlich Co2 Belastung etc. wenig, wenn sie ihre Autos verkaufen und zusammen ein Auto neu anschaffen, denn die abgeschobenen Auto sind ja dann auch weiter in Betrieb (nur mit anderem Besitzer) und so ist das eigentlich gedachte „Weniger“ über Umwege dann doch wieder ein „Mehr“.
    Anders sähe es beispielsweise aus, wenn sich beispielsweise eine Studenten WG (3 Personen) mit der Oma von nebenan (alle bisher ohne Auto) ein Auto kaufen und es untereinander teilen. So würden sie ein Auto kaufen statt 3-4 Fahrzeuge.

    Das Gleiche gilt auch für die derzeitige Umwerbung und Verbreitung der E-Autos. Hier sehe ich (im Bekanntenkreis und Umgebung) bisher meist die Klientel derer, die neben ihrem VW Golf GTI und dem BMW X6 noch gerne einen i3 in der Einfahrt parken. Wo wir wieder ein Beispiel des so beliebten Rebound-Effektes hätten. Das eigentliche Weniger führt zu einem Mehr und wenn man ja nun quasi „umsonst“ (E-Auto + eventuelle PV-Anlage) fahren kann, dann macht man es ganz ohne Reue.

    Ein positives Beispiel für Car Sharing hier auf dem Land sehe ich eher darin, wenn ein Dorf beispielsweise ein gemeinsam genutztes Fahrzeug anschafft. Gerade ältere Personen (Rentner) hier auf dem Land besitzen ein Auto, das im Jahr sicher keine 5000km Laufleistung bewältigt. Dennoch wird es benötigt für die Fahrt zum Arzt, zur Apotheke oder zum Einkauf im nahegelegenen Supermarkt.

    In der Stadt mit einem funktionierenden und bezahlbaren öffentlichen Straßenverkehr sehe ich es nur in speziellen Fällen als wirkliche Optimierung. Eine Fahrt zum Möbelhaus beispielsweise lässt sich mit einem geräumigen Auto oder Lieferwagen sicher leichter bewältigen. Wobei wir dann hier auch schnell wieder beim oben genannten herkömmlichen Miet-Service landen.

    Ich selbst wohne auf dem Land und öffentliche Verkehrsmittel sind hier eher ein Fremdwort, es sei denn, es geht darum, die Kinder in die Schulen zu bringen. Dennoch teile ich prinzipiell auch mein Auto im Sinne einer Fahrgemeinschaft und ich darf erfreut feststellen, dass dies in den letzten Jahren zunehmend von der Bevölkerung umgesetzt und akzeptiert wird.
    Die Mitfahrer-Parkplätze werden ausgebaut und ich kenne viele Leute, die in einer Fahrgemeinschaft unterwegs sind.
    Dennoch habe ich neulich den „Versuch“ gestartet und, als ich entgegen des Feierabend Verkehrs unterwegs war, die Autos gezählt, die nur mit einer Person, respektive mit mehreren Personen unterwegs waren. Erschreckt musste ich feststellen, dass hier noch einiges an Potential zu sein scheint, denn ich schätze, ca. 80%-90% der Autos waren nur mit einer Person besetzt.

    Nun kann man hier auch weiter differenzieren, was recht interessant, jedoch nicht weiter verwunderlich ist:
    Auf meinem täglichen Berufsweg sind hauptsächlich „Grenzgänger“ unterwegs, die eine längere Strecke (ca. 30km) tagtäglich auf sich nehmen. Auf der von mir „ausgezählten“ Strecke sind vornehmlich Arbeitnehmer unterwegs, die unter dieser Strecke fahren, also einen kürzeren Weg haben.
    Will sagen, es geht, wie nicht anders zu erwarten, nur über den Preis. Erst wenn selbst die kurzen Strecken auf das Portemonnaie schlagen, werden auch Leute Fahrgemeinschaften bilden, die nur 20km jeden Tag zur Arbeit fahren.

    Ein anderes Phänomen will ich aber auch noch kurz erwähnt haben, die Firmenautos. Gerne als Gehaltserhöhung dem Arbeitnehmer angepriesen und großzügig mit Tankkarte an die betuchte Belegschaft verteilt, wecken sie natürlich den Eindruck des unbegrenzten Fahrvergnügens. Sei es die überflüssige Dienstfahrt zum Kunden nebenan oder die private Fahrt am Wochenende zum Brötchen holen. Alles schön intransparent über die Firma abgewickelt und steuervergünstigt verrechnet!

    …so jetzt muss es aber langen mit dem Mimimimi 😉

    • Vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar.

      Zum Thema privates Carsharing in der Stadt eine Anektote aus München über Bürokratenirrsinn und sonderbares Parkraummanagement:

      Ein Freund besitzt für sich und seine fünfköpfige Familie kein eigenes Auto. Seine ebenfalls in München lebenden Eltern schon, benutzen es jedoch kaum. Was liegt näher, als das Auto gemeinsam zu nutzen?

      Doch halt, so einfach geht das nicht! Problem: Sowohl die autolose junge Familie als auch die KFZ-Besitzer wohnen in Stadtteilen mit Parklizenz.

      Mit dieser Einrichtung versucht sich die Stadtverwaltung im Parkraummanagement (böse Zungen sagen, sie macht das Stadtsäckl voll). Das begehrte grüne Kärtchen berechtigt zum kostenfreien Parken in einem relativ eng bemessenen Gebiet. Daher bekommt man die Lizenz nur als Anwohner oder als dort Gewerbetreibender. Alle anderen müssen 20 Cent, in der Innenstadt sogar 50 Cent, für jeweils 12 Minuten bezahlen (trotzdem sind fast nie ausreichend Plätze frei, aber das nur am Rande).

      Um solche unnötigen Parkkosten zu vermeiden und nicht jedes Mal das Auto sofort nach Gebrauch zurück zu den Eltern bringen zu müssen, beantragte besagter Freund eine zweite Parklizenz. Doch diese wurde ihm verweigert!

      Jeder Rechtsanwalt, der außerhalb Münchens wohnt, aber in den begehrten Nobelviertelen seine Kanzlei hat, bekommt eine Lizenz. Jeder Anwohner mit gültigem Führerschein bekommt pro Person eine Lizenz – mein Freund könnte also problemlos zwei eigene Autos melden, aber eine zweite Lizenz für das Auto seiner Eltern – keine Chance! Was für eine bürokratische Sturheit! Selbst ein Hilfegesuch an eine grüne Stadträtin, damals noch an der Stadtregierung unter OB Ude beteiligt, brachte ihm nur ein briefliches Schulterzucken ein.

      Dem familiären Carsharing wurde letztendlich eine klare Absage erteilt – und das im rot-grünen München! Was für ein Hohn, dass die gleiche Stadtregierung in jedem Viertel zahlreiche gewerbliche Anbieter problemlos mit Parklizenzen ausgestattet hat… warum wohl? Wer (ordentlich) zahlt, schafft halt an!

      Mein Freund hat sich damit abgefunden und bringt das Auto nach Gebrauch eben sofort zurück. Bei der neuen rot-schwarzen Stadtregierung hat er noch nicht angefragt… ich vermute aber, dass sich eh nichts geändert hat!

      M21er

  4. Karl Friedrich Otze sagt

    Puh. Ich finde eure Seite eigentlich sehr interessant. Aber dieser Beitrag wird der letzte gewesen sein, den ich gelesen habe. Weil er eher in die ADAC Motorwelt passt (du bist ADAC-Mitglied, stimmts?) als auf eine Seite über Minimalismus. Und das regt mich so auf, dass ich nach diesem Kommentar weg sein werde. Die Aussage der Studie ist dämlich und deine Schlussfolgerungen sind nicht besser – in Kombination mit dem Einstieg über deine Autofahrleidenschaft machst du dich damit vollkommen lächerlich.

    Was ist an der Studie dämlich? Dass Herr Weigele von Civicity offensichtlich nicht verstanden hat, wofür Carsharing gut ist, und von wem es genutzt wird. Dass Carsharing-Autos von Großstattbewohnern für die tägliche Fahrt zur Arbeit verwendet werden könnten, ist eine naiv alberne Vorstellung. Wie soll das denn bitteschön gehen? Das kann und will ein Carsharing-System nie leisten.
    Für Car2Go in Berlin wird eine durchschnittliche Nutzungsdauer von gut 60 Minuten ermittelt (Car2Go widerspricht übrigens vehement und nennt mindestens 150 Minuten!), was nur wenig mehr sei, als der Durchschnittswert der privaten Autos in Berlin. Carsharing sei deshalb sinnlos. Meint Herr Weigele wirklich, die paar Car2Go-Smarts würden die Berliner Durchschnittsautos ersetzen? Das wäre wieder eine naiv alberne Vorstellung! So ein Smart ersetzt locker hunderte von den Autos, die im Schnitt weniger als zwanzig Minuten pro Monat genutzt werden. Davon gibt es in Berlin (und München und Hamburg) unvorstellbar viele!
    Herr Weigele stellt fest, dass die Leute lieber Fahrrad oder ÖPNV fahren sollen und du schließt dich an. Und machst dich damit endgültig zum Pharisäer! Die anderen sollen möglichst umsonst Bus, Tram und U-Bahn fahren dürfen, damit die Straßen für dein schönes Auto frei sind, gell (lass mich mal raten: ich schätze, du hast einen Dreier von BMW – den mit dem guten Sechszylindermotor, weil bei den neuen Spritspar-Modellen der Ellbogen nicht halb so lässig im Fahrtwind hängt). Und diese blöden Carsharing-Autos sollen ganz schnell von deinen guten Parkplätzen verschwinden!

    Und jetzt erkläre ich dir den Segen von Carsharing: DriveNow und Car2Go sind die perfekte ERGÄNZUNG zum ÖPNV. Wer nur Gelegentlich eine Fahrt zu bewältigen hat, für die der ÖPNV zu umständlich und das Fahrrad zu anstrengend ist, der braucht kein eigenes Auto. Und wer kein eigenes Auto hat, der wird meistens ÖPNV oder Fahrrad fahren – für jeden Tag ist diese Art von Carsharing nämlich viel zu teuer.
    Die Behauptung, für die Fahrt zum Möbelhaus sei eine klassische Autovermietung besser geeignet als Carsharing, zeugt ebenfalls von Borniertheit. Dafür gibt es nämlich noch die stationsbasierten Carsharer mit größeren Autos und günstigen Stundenpreisen, die für eine vierstündige Einkaufsfahrt weniger als ein Drittel eines klassischen Mietwagens kosten.
    Die meisten Dienste kosten keine jährliche Grundgebühr, deshalb spricht nichts dagegen, bei mehreren davon angemeldet zu sein. In der Summe sind das ganz hervorragende Argumente, in Berlin, München, Hamburg kein eigenes Auto mehr zu haben. Bloß für dich nicht, weil dein Notebook ja so schwer ist.
    Zwei Tipps noch zum Abschied: Von der XXXXXXstraße zum XXXXX-Gymnasium berechnet mir google Maps eine ÖPNV-Fahrzeit von 44 Minuten inklusive der Fußwege mit einmaligem (nicht mehrmaligem!) Umsteigen. Leichte und robuste Laptops gibt es zum Beispiel bei Toshiba oder Lenovo.

    Adieu

    • Vielen Dank für Deine Einschätzung.

      Allerdings kann ich diese so nicht teilen.

      Für mich stellen die aktuellen kommerziellen Carsharing-Angebote, die ich in meinem Artikel kritisch angesprochen habe, tatsächlich mehr eine bewusste Kundenrekrutierung der Automobilbranche dar:
      Vor allem junge Menschen, die (noch) nicht die finanziellen Mittel für den Erwerb der – überwiegend – hochpreisigen Wagen haben, werden so frühzeitig an eine Marke gebunden und zu potentiellen Neukunden in spe gemacht. Eine geschickte Marketingstrategie der Konzerne unter dem Deckmantel der Sharing Economy.

      Sinnvoller erscheint mir daher das ebenfalls von mir erwähnte klassische Carsharing. In München wird das z.B. von Stattauto angeboten und stellt eine echte Alternative zum eigenen Fahrzeug dar.

      So habe ich es auch im Blogpost geschrieben: „Für regelmäßige Einkaufsfahrten zum Großmarkt trotz Verzichts auf den eigenen PKW? Hier empfiehlt sich in München eher die Anmeldung bei Stattauto, einem klassischen Carsharing-Angebot, bei dem nach Voranmeldung eines der an bestimmten Plätzen zur Verfügung gestellten Autos von den Mitgliedern genutzt werden darf.“ Warum diese Aussage „borniert“ sein soll, verstehe ich nicht.

      Inwieweit und aus welchen Gründen man auf welche Dinge verzichtet (oder eben nicht), bleibt zum Glück letztendlich jedem selbst überlassen. Wir wollen das niemandem vorschreiben.

      Für den weiteren Minimalismus-Weg wünsche ich Dir alles Gute.

      P.S. Nein, ich bin kein ADAC-Mitglied, und nein, ich fahre keinen 6-Zylinder-BMW.

  5. Hello,

    ich bin mit dem Artikel auch nicht so ganz einverstanden, aber deswegen gleich den ganzen Blog meiden – Nein 😀
    Seit 15 Jahren mache ich nun Carsharing. Da ich in der Stadt wohne, brauche ich kein eigenes Auto, und hatte auch noch nie eines. Ich mache alles mit dem Rad, nur wenn ich mit den Katzen zum Tierarzt muss, oder zum Baumarkt oder Großeinkauf, dann wird das Carsharing-Auto bemüht.
    Eine andere Nutzung des Carsharings ist aus meiner Sicht gar nicht denkbar, da viel zu teuer: Pendeln oder ein längerer Urlaub z.B. Das kann ein Carsharing aus meiner Sicht nicht leisten, und ich finde, das kann man ihm nicht vorwerfen.

    Dann muss ich auch zugeben, dass ich persönlich Carsharing nicht aus hehren Motiven heraus betreibe. Ich will die Welt damit nicht besser machen und werfe es dem Carsharing nicht vor, wenn es das möglicherweise ebenfalls nicht tut. Für mich ist das Carsharing nur die einfache, preiswerte Art, ein Auto nutzen zu können, wenn es mal nötig ist. Sicher nutze ich das Auto so viel weniger, als ich es täte, wenn ich ein eigenes hätte. Insofern hat das Ganze sicher auch eine positive Seite für die Umwelt – was ich natürlich gut finde.

    Ohne Carsharing wäre mein Leben deutlich komplizierter, abhängiger und teurer, denn all das, was ich jetzt mit dem Carsharing mache, müsste dann mit Taxi oder von Freunden geliehenen Autos laufen. Insofern: ich mag mein Carsharing und würde niemals darauf verzichten wollen.

    Und ansonsten liebe ich mein Fahrrad 🙂

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