Wohlbefinden und Glück wachsen auf einem feinen Geflecht aus materiellen und immateriellen Werten. Auf einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Freizeit, sagt die Stimme aus dem Off. Eine Frau in der letzten Reihe lacht kopfschüttelnd und wendet sich mit einem abfälligen Kommentar ihrem Mann zu. Ganz offenkundig hat sie eine andere Definition von einem erfüllten Leben.
Herr M21er und sich sitzen nur wenige Plätze entfernt in einem fast leeren Kinosaal. An einem sonnigen Feiertag im August sucht kaum jemand sein Seelenheil auf der Leinwand. Und überhaupt: Lässt sich das Glück messen?
Im Königreich Bhutan hat man genau das versucht. 700.000 Menschen leben hier auf einer Fläche so groß wie die Schweiz. 7000 von ihnen wurden in einer achtmonatigen Forschungsreise intensiv befragt. Thema: What Happiness Is.
Auf der Suche nach dem Glück
Im gleichnamigen Dokumentarfilm hat Regisseur Harald Friedl die sog. „Erhebung zum Bruttonationalglück“ mit der Kamera begleitet. Herausgekommen ist ein visuelles Juwel, nein, ein kluges Portrait oder besser noch eine faszinierende Nahaufnahme über einen Binnenstaat in Südasien, der lange Zeit als abgeschottet galt. Erst mit Ende des 20. Jahrhunderts kam Fernsehen ins Land und vor ein paar Jahren Mobiltelefonie und Internet. Hotelkonzerne und Fastfood-Ketten sind bis heute nicht zugelassen, für Plastik gibt es Importbeschränkungen heißt es im Film – auch nachzulesen auf der dazugehörigen Homepage.
Wie glücklich sind die Menschen also in diesem unabhängigem Königreich, das noch bis vor gar nicht langer Zeit darauf bedacht war, sich von fremden Einflüssen zu separieren? Oder anders ausgedrückt: Was macht ein glückliches Leben aus? Das Ehepaar ein paar Sitze weiter ist sichtlich verblüfft über die Antworten, in denen Handymasten, Strom oder finanzielle Mittel nicht die einzigen Maßstäbe bilden.
Glück kennt kein Drehbuch
Filmische Intention? Kalkül? Fest steht jedenfalls: Die Aussagen der Befragten berühren, machen nachdenklich und gleich. Gleich, weil wir uns in ihnen wiedererkennen und spiegeln, weil es ganz offenbar Werte gibt, die unabhängig vom sozialen Status und Nationalität von Bedeutung zu sein scheinen. Stabile soziale Beziehungen, Gesundheit, Freundschaft, Liebe, um nur ein paar davon zu nennen. Abhängig vom Alter der Betreffenden kommt es allerdings zu unterschiedlichen Gewichtungen. Während etwa zwei junge Frauen über die Anzahl ihrer Liebhaber kichern, freut sich eine ältere Dame über ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit.
Mittlerweile liegt auch das Gesamtergebnis des mehrmonatigen Projektes vor und liefert am Ende doch noch ein, zwei irritierende Ergebnisse. Männer sind glücklicher als Frauen […]. Arbeitslose sind glücklicher als Arbeiter und Bauern. Singles glücklicher als Verheiratete.
Die kritische Zuschauerin neben uns ist offensichtlich verheiratet. Nur ihren Beruf konnten wir nicht eruieren.
Und Ihr? Was macht Euch glücklich?
What Happiness Is – Auf der Suche nach dem Glück
Dokumentation (Österreich, 2012)
Länge: 87 Minuten
Regie: Harald Friedl
Mit: Oliver Stritzel (Erzählstimme)
Läuft aktuell: in diesen Kinos
Alle Zitate wurden der Webseite (Inhalt) zum Film entnommen.