Essen & Trinken, Welt & Reisen
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Reduziert essen

Sri Lanka ist eine von diesen Reisen, die in mir das Gefühl der Entfremdung ausgelöst haben. Genauer gesagt werden Herr M21er und ich besonders auf unserer Rundreise immer wieder den Eindruck haben, bestimmten „Dingen“ entfremdet zu sein. Und wir werden uns in einen Zustand der Reduktion begeben, eher freiwillig unfreiwillig zu Beginn, dann jedoch mit vollkommener Selbstverständlichkeit. Aber von vorne. Mit etwas Verspätung nun endlich der dritte und letzte Teil unserer Miniserie über Sri Lanka. Zum ersten und zweiten Teil bitte auf die Links klicken.

Wir sind den Dingen und dem Essen entfremdet. So viel steht fest. Im Hochland bestaunen wir riesige Teeplantagen, sehen Teepflückerinnen bei ihrer anstrengenden Arbeit und besichtigen den Ort der Verarbeitung in einer entsprechenden Fabrik. Ceylon, so der frühere Name von Sri Lanka, gibt dem schwarzen Juwel seinen Namen, der als großartiger Blattgenuss in unsere Taschen wandert. Eine weitere Station unserer Reise führt uns die traditionelle, kulinarische Lebensweise der Sri Lanker vor Augen. Fast Food heißt hier: ein schnelles ursprüngliches Essen aus einer Handvoll Zutaten. Mehl, Wasser, Reis, Kokosraspeln und ein paar Gewürze – mehr braucht es nicht für ein wirklich schmackhaftes und unglaublich sättigendes Mahl. Ich bin fasziniert von dieser einfachen Küche, die vor unseren Augen von einer Einheimischen zubereitet wird, und komme mir vor wie ein – Achtung, Ironie – zivilisiertes Zootier, das sich auf den Inselstaat verirrt hat und aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Und überhaupt: Was gehört eigentlich zu einem runden Urlaub? Pralle Büffets?

Kokos

Einfach und schmackhaft: eine landestypische Mahlzeit

Es gibt Reis, Baby
Die Frage wird spätestens dann existentiell, als wir die mehrtätige Rundfahrt beenden und uns eine Woche lang in ein Ayurveda-Ressort zurückziehen. Bestandteil dieser Heilkunde ist eine Ernährungslehre, die wir am eigenen Leibe zu spüren bekommen.

Denn zu essen gibt es fast nichts. Ok, das ist jetzt vielleicht übertrieben. Aber wer an prall gefüllte Büffets, Alkohol, Kaffee und Softdrinks aller Art denkt, der irrt. Die Mahlzeiten am Mittag und am Abend bestehen hauptsächlich aus Reis mit Reis und nochmals Reis (sowie verschiedenen Currys), frischem Gemüse und ab und an ein wenig Fisch oder Fleisch. Eine kleine Schüssel Cornflakes und ein bisschen Toastbrot zählen zu den begehrten westlichen Gaumenfreuden am Morgen. Habe ich tatsächlich wiederholt an den McDonalds am Flughafen von Dubai gedacht? Wir hören die Gespräche an den Nachbartischen. Der selbsternannte Asienexperte fachsimpelt mit anderen Gästen über Darmreinigung und die Unterschiede und Vorzüge anderer Ressorts. Alle träumen von Pommes mit Currywurst und Latte Macchiato. Und ich bin mir nicht sicher, ob das Hotelpersonal über die Kurgäste lacht, die Geld dafür bezahlen, endlich einmal fasten zu müssen und nicht alles in rauen Mengen zu essen zu bekommen wie in ihren Wohlstandsländern. Verrückte Welt.

Lonely Bahnenzieher
Nach zwei Tagen habe ich mich jedoch an Schmalhans-Küche gewöhnt und der Wunsch nach Industriezucker in all seinen Varianten lässt langsam nach. Einen positiven Nebeneffekt hat das Ganze: Weil Herr M21er und ich nicht das volle Ayurvedaprogramm, sondern lediglich eine sog. „Relaxkur“ gebucht haben, bleibt uns das Komplettangebot mit abführenden Essenzen aller Art „erspart“. Auch unsere täglichen körperlichen Anwendungen wie Massagen und Kräuterbäder beschränken sich auf zwei Stück. Somit können wir zwischendurch die Zeit nutzen, um vollkommen alleine im Hotelpool unsere Runden zu drehen.

Wer nicht die Schmalspuranwendungen gebucht hat, hat nur wenig Zeit für Dinge außerhalb von Ölgüssen und Co. Als Kind habe ich mir immer gewünscht, einmal eine Nacht alleine in einem Kaufhaus eingesperrt zu sein und alle Sachen ausprobieren zu dürfen. An diesen Wunsch habe ich seit Jahren nicht mehr gedacht. Doch als ich vollkommen alleine meine Bahnen ziehe, ist er plötzlich wieder da: Transformiert im Kopf einer Erwachsenen, die sich kindisch über die leere Anlage freut. „Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch.“ Wusste schon Erich Kästner.

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