Neulich an der Tankstelle, an einer Autobahnraststätte irgendwo in Österreich. Herr M21er und ich sind auf dem Nachhauseweg von einer Hochzeit. Wir wollen uns kurz die Füße vertreten, nennen wir es austreten, und das Auto hat Durst. Auf dem Weg zu den Toiletten müssen wir ein Ticket ziehen. Keine Warteschlange und kein Aufrufen der Nummern, aber 0,50 Euro für den Service am Kunden. Doch der weiß-grüne Wertbon ist mehr als eine Eintrittskarte für des Menschen Geschäft. Der Bon ist ein Gutschein für im Voraus bezahlte Leistungen, ein Voucher, den Kunden pro zehn Liter Treibstoff oder pro einem Euro Umsatz bei allen übrigen Produkten im Nachgang einlösen können. Da wir den Sprit bereits im Vorfeld bezahlt hatten, bleibt nur noch Variante zwei übrig.
Der Tiger im Minimalist
Sofort erwacht der Tiger in mir und schleicht durch die Gänge der Supermarkt-Tanke.
Das Objekt der instinktgetriebenen Begierde: eine günstige Beute, eine, bei der sich das Einlösen von einem halben Euro wirklich lohnt. Sagte ich „wirklich lohnt“? In den Regalen locken überteuerte Softdrinks für drei Euro aufwärts und einzelne Schokoriegel aus ehemaligen Familypacks für stolze 1,70 Euro. Macht abzüglich Voucher immer noch ganze 2,50 Euro oder 1,20 Euro für eine Ware, die ich im Grunde in diesem Moment gar nicht konsumieren will. Vor meinem inneren Auge haut der Minimalist dem Tiger auf der Pirsch eines auf die Nase: Unser Kofferraum ist bestens mit einem Lunchpaket ausgestattet und mir steht nicht der Sinn nach überteuerter Quengelware.
Leichten Herzens verzichte ich auf die Pinkel-Prämie und trolle mich Richtung Ausgang. Ich habe am Ende einfach das bekommen, was ich wirklich wollte: Ein saubere Toilette (00) und ein Gefühl der Erleichterung. Durch die leere Blase und die leeren Taschen.
Das kenne ich – selbst wenn mehrere Leute zusammenlegen, reicht es dann gerade mal für einen Becher Kaffee für eine/n. Vielleicht sollte man diese Gutscheine einfach verschenken, dann freut sich jemand anderes darüber.
Verschenken hatte ich auch kurzfristig überlegt. Oder man lässt den Bon einfach irgendwo liegen – sollen sich andere Tiger auf die vermeintliche „Beute“ stürzen.
Allerdings wollte ich ja unbedingt einen Scan vom Voucher für den Blogpost machen – daher ist das gute Stück in meine Hosentasche gewandert.
Huch, irgendwie fast ein „blogitalistischer“ Gedanke :-D.
Alles eine Frage der Strategie: Erst Pinkeln, dann Tanken. Klar, die natürliche Reihenfolge geht anders herum. (Oder, falls man öfter Autobahn fährt, den Wisch für die nächste Fahrt aufbewahren.) In jedem Fall: Dem Tiger in Dir entkommen und den Bon nicht zum Kaufanlass werden lassen, auch wenn sich die Macher womöglich genau das dabei gedacht haben.
Da hast Du vollkommen recht: Eine gute Strategie wirkt Wunder.
Oder anders ausgedrückt: Manchmal muss man alte Verhaltensmuster loslassen, um neue und damit minimalistische Wege zu beschreiten.
Für die nächste 00-Pause an der Tanke bin ich jedenfalls innerlich gerüstet ;-).
Herrlich! Erinnert mich an meinen letzten Deutschlandbesuch. Ich muss eingestehen, der amerikanische Tieger kannte es nicht und hat gewonnen.