Geschafft. Endlich sind Sommerferien. Ich sitze mit einer Latte macchiato auf unserem Balkon, genieße die Ruhe in unserem Innenhof. Versonnen betrachte ich die Krone der alten Buche, deren Blätter in der Sonne leuchten. Ruhe und Entspannung durchströmen mich, die Gedanken schweifen ziellos umher… ich verspüre Zufriedenheit mit meinem Leben. Ich bin nicht getrieben oder auf der Suche. Für mich existenziell wichtige Lebensschritte bin ich schon gegangen und habe sie bis jetzt nicht bereut. Viele Entscheidungen sind gesetzt, einige Optionen mit Blick auf die Endlichkeit des Lebens wohl für immer passé. Zum Glück quälen mich hier keine Zweifel.
Verpasste Chancen?
Trotzdem faszinieren mich alternative Lebensentwürfe von anderen Menschen. Und manchmal denke ich mir: Das wäre auch ein reizvoller Weg (gewesen), das Leben zu gestalten. Bei der Lektüre der Süddeutschen Zeitung (SZ) ging es mir gestern so: „Zu Fuß unterwegs ins Glück“ – dieser Artikel über Sandro Langholz hat mich sofort gefesselt. Ähnlich wie der 27-Jährige war auch ich nach dem Examen unsicher über meine Zukunft. Vor dem Referendariat für das Lehramt scheute ich zurück. Daher ließ ich mir Zeit mit der endgültigen Entscheidung.
Doch die Suche nach meiner Bestimmung verfolgte ich damals beileibe nicht so konsequent wie Sandro. Gleich nach Abschluss seines Studiums (Management sozialer Innovationen) machte er sich von München-Pasing aus auf den Weg – im wörtlichen Sinn. Seit einem Jahr ist Langholz nun schon zu Fuß unterwegs, um (für sich) eine neue Form des Lebens zu finden: Umweltbewusst, sozial und genügsam. Darüber schreibt er auch in seinem Blog „SustainHAPPYlity“.
Mit der Internetpräsenz möchte der junge Mann andere für ein konsumarmes Leben begeistern. Trotzdem tue er sich mit dem Begriff der Konsumkritik schwer, wie er der SZ erläutert. Was denn nach mehr als einem Jahr vom Freiheitsgefühl zu Beginn der Reise übrig geblieben sei? Materiell vermisse er bis heute nichts, so Langholz im Interview, er habe sogar noch Dinge aus seinem spärlichen Gepäck verschenkt. Nur seine Freunde und Familie würden ihm fehlen. Für ihn jedoch kein Grund zurückzukehren. Immer noch ist er auf Wanderschaft, ohne konkrete Planungen und zeitliche Limits:
„Ich bin einfach so lange unterwegs, bis ich einen schönen Ort für mich finde.“
Interessant und mutiger Weg. Ich merke aber, dass ich dafür das moderne Leben doch zu sehr mag. Also weiter auf der Suche nach dem Aussteigen ohne ganz auszusteigen. Vielleicht auch einfach noch häufiger mit einem Kaffee ins Freie gehen. Das ist doch ein guter Anfang.
Hallo Marco,
Du sprichst uns aus der Seele – auch wir versuchen, einen Kompromiss zu finden zwischen dem „modernen Leben“ & dem „Aussteigertum“. Richtig alles hinter uns zu lassen, das wäre nichts für uns! Zum einen arbeiten wir gerne in unseren Berufen, zum anderen möchten auch wir die Annehmlichkeiten des modernen Lebens nicht missen (und diese müssen eben auch zum Teil bezahlt werden). Nach erholsamen Sommerferien haben wir uns jedoch vorgenommen, achtsamer im Alltag zu sein, sich mehr Freiräume von allem zu genehmigen… das mit dem Kaffee auf dem Balkon, ganz ohne Hektik und Smartphone-Geklicke z.B. ist eine gute Idee!
Viele Grüße
Michael – HerrM21er