„Veränderungen umgeben uns überall, sie sind ein unausweichlicher Teil des Lebens. Sie sind sogar das Wesen von Leben. Das heißt allerdings nicht, dass sie deshalb automatisch schön oder angenehm wären.“*
Beruflich habe ich mich in den letzten zwei Jahren verstärkt mit Change Management beschäftigt. Ein spannendes Feld, umso mehr, weil uns diese sog. „Veränderungsprozesse“ auch privat begleiten. Dich und mich. Ein Leben lang. Schulabschluss, Ausbildung, erste Festanstellung, Hochzeit, Kinder, Jobwechsel, Kündigung, Todesfälle, Scheidung, Rente, Krankheit – das Schicksal fordert uns stetig heraus, hält neue Herausforderungen bereit, im Positiven wie im Negativen, stellt unsere Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit immer wieder auf die Probe. Viele Ereignisse fungieren dabei wie Meilensteine, weil sie Voraussetzung für die nächste Entwicklungsphase sind: Erst wenn ich das Laufen gelernt habe, kann ich die Welt auf eigenen Beinen erkunden. Erst wenn ich die Grundschule erfolgreich abgeschlossen habe, kann ich auf eine weiterführende Bildungseinrichtung gehen usw. Jede dieser Etappen bildet ein wichtiges Fundament, auf dem unser weiteres Dasein fußt. Niederlagen und Höhenflüge, veränderter Blickwinkel und neue Wertvorstellungen inklusive.
„(I)ch bin gerade 20 geworden und trotz meines jungen Alters merke ich jetzt schon, wie mich der ganze Konsum belastet. Ich habe ein sehr kleines Zimmer und wenn ich mich umgucke, fühle ich mich eingeengt und unterdrückt. Durch die immer größere Vielfalt an Einkaufsmöglichkeiten […] wird die junge Generation noch einmal mehr von dem Shopping-Wahnsinn überrollt. Das möchte ich nicht mehr!“ (Ramona)
Als wir unser Gewinnspiel für das Buch von Rita Pohle (Das kann weg!) gestartet haben, hätten wir niemals mit dieser Flut an Kommentaren und E-Mails gerechnet. Ihr habt uns teilhaben lassen an Eurem Verhältnis zum Thema „Minimalismus“, an Eurem Verständnis von einem entrümpelten und reduzierten Leben, an der Bedeutung, die Konsumverzicht und Downshifting für Euch haben. Und Ihr habt uns eines sehr deutlich gemacht: Minimalismus ist keine Frage des Alters und ist doch eine Frage des Alters bzw. der persönlichen Erfahrungen und Umstände. Da ist die junge Frau, die sich von dem unüberschauberen Warenangebot im Internet sowie von den riesigen Shoppingmalls erdrückt fühlt. Dort ist die Geschlechtsgenossin mittleren Alters, die ihren Lebensgefährten von der Philosophie des Loslassens überzeugen möchte, davon, physische und psychische „Altlasten“ endlich über Board zu werfen. „Mein Mann hat sich vor einem Jahr von mir getrennt. Vielleicht kann mir das Buch helfen, auch in der Richtung alten Ballast loszuwerden“ – so eine weitere Leserin. Andere finden „nicht den richtigen Anfang“, den Kampf gegen das Gerümpel aufzunehmen, suchen nach einem „positiven Anstoß“, wollen die „letzte Hemmschwelle“ ablegen oder haben einfach „nicht mehr viel Platz“ zum Leben trotz einer Wohnfläche von satten 100m².
Innehalten heißt Achtsamkeit und Veränderung zulassen
„Manchmal muss man von Zeit zu Zeit stehen bleiben, kurz innehalten und dann neu beginnen“, schreibt uns Lilamila. Manchmal muss man „Altlasten“ ablegen, damit die „Seele frei und leicht durchatmen kann“ – ein Meilenstein, „auf dem Weg zum Minimalismus“, ein Meilenstein, um ein „komplettes Haus von Ballast“ zu befreien und dem „große(n) Familienthema“ Aufräumen endlich Herr zu werden. Und irgendwann stellt sich vielen von uns die Frage, wie wir mit dem Wissen um die eigene Endlichkeit umgehen sollen: Verdrängen? Akzeptieren?
„Ich bin 70 Jahre jung geworden und zwangsläufig stellt sich die Frage: Wie geht es weiter? Wie bereite ich mich auf das unausweichliche Loslassen vor? Der Gedanke, ein geordnetes Leben zurückzulassen, stimmt mich fröhlich. Ich möchte, dass meine Töchter die verbliebenen Dinge mit freundlichen Gedanken in die Hände nehmen und ihnen das „Aufräumen“ nicht zur Last wird. Eine große Aufgabe, wie ich feststelle.“ (Iris)
Egal, in welcher Phase Du Dich gerade befindest, welchen Meilenstein Du erklommen hast und welche Herausforderungen noch auf Dich warten: Das Leben ist und bleibt ein ständiger Veränderungsprozess. Bis zum Schluss. Wertvorstellungen, die heute Gültigkeit besitzen, können sich schon morgen ändern. Eine Philosophie bzw. Handlungsmaxime, nach der wir unser Denken und Handeln aktuell ausrichten, muss nicht zwangsweise ein Leben lang Bestand haben. Sie kann ein Wegbegleiter sein, ein guter Freund, Orientierung und Halt bieten. Sie legt womöglich den Grundstein für den nächsten Schritt und lässt sich gleichzeitig immer wieder neu aufladen:
„Und damit auf die nächsten (mindestens!) 70 aufgeräumten und unbeschwerten Jahre“. (Susanne)
P.S.: Die Gewinner der drei Exemplare werden in den nächsten Tagen bekanntgegeben.
*Alexandra Schichtel: Change Management für Dummies. Weinheim 2013, 32.