Alle Artikel mit dem Schlagwort: reduzieren

Brief an die Vergangenheit

Lieber Andreas, heute musste ich wieder einmal an Dich denken. Genauer gesagt: An unsere Freundschaft Mitte der 1980er Jahre. Wir besuchten beide die gleiche Klasse in der Grundschule und wohnten fast Haus an Haus. Schon bald stellten wir fest, dass wir eine Leidenschaft teilten – Hörspiele. Während ich mit den Drei Fragezeichen durchs Geisterschloss schlich oder mit Bibi Blocksberg die Schwarzen Vier jagte, zog es Dich mit Jan Tenner in unbekannte Dimensionen. Grund genug für einen Tausch. Bibi gegen Jan, Hexenbesen gegen Raumschiff. Natürlich durfte niemand wissen, dass Du Dir heimlich meine „Mädchenkassetten“ ausgeliehen hast. Und glaube mir: Bis heute habe ich das auch niemandem verraten. Und wie war das eigentlich damals mit Deiner Garfield-Phase? Als Dein Kinderzimmer renoviert wurde, prangte der fette Kater plötzlich überall: Garfield-Tapete, Garfield-Bettwäsche, Garfield-Comics – gefühlt gab es keinen Platz mehr in Deinen zehn Quadratmetern, auf denen nicht das orange Ungetüm zu sehen war. Apropos sehen: Wenn ich heute an unsere gemeinsame Zeit zurückdenke, werde ich fast ein wenig melancholisch. Bilder von Zehnerleis, von sauren Schlangen zu fünf Pfennig, von …

Didaktische Reduktion

Eine Arbeitsmappe mit Grafiken für den Geschichtsunterricht, alte Prüfungsaufgaben, Farbfolien, ausrangierte Schulbücher als Materialfundus, Zeitungsartikel, Fachmagazine und Lexika – Lehrer können alles gebrauchen! Bezeichnenderweise war es die Sonderschulpädagogin Sandra Felton, die den Neologismus „Messie“ geprägt hat. Felton war selbst von diesem Krankheitsbild betroffen. Berufliche Sammelwut Als letztes Jahr unsere Schulbibliothek entrümpelt wurde, fanden im Kollegium selbst uralte und verstaubte Lehrwerke aus den 70ern neue Besitzer: Innerhalb weniger Tage waren die Büchertische nahezu leergeräumt. Dass man als Lehrer beruflich zum Horten neigt, kenne ich aus eigener Erfahrung. Auch ich nahm in meinen ersten Berufsjahren alles mit, was man irgendwann im Unterricht verwenden könnte. Zu Beginn jedes Schuljahres tourte ich durch die Schulbuchzentren der einschlägigen Verlage: Vermeintliche Schnäppchenpakete verschiedener Lehrwerke sammelten sich nur oberflächlich geprüft in meiner Einkaufstasche. Der Höhepunkt war eine Kofferraumladung voller Sozialkundebücher aus den 90ern, die ich einem pensionierten Kollegen abnahm – und das, obwohl ich für dieses Fach nicht einmal die Facultas besitze (man könnte dieses Examen ja irgendwann noch nachholen, so meine von Sammelwut vernebelten Gedanken…). Vor drei Jahren war es dann …

Hoch die Tasse(n)

Ich mag keine Werbegeschenke. Kugelschreiber, USB-Sticks, die schlecht klebenden Pflaster aus der Apotheke, Schlüsselanhänger, Feuerzeuge – diese und andere vermeintliche Image- bzw. Markenträger rufen mir ein Unternehmen nicht (unbedingt) nachhaltig ins Gedächtnis. Vor ein paar Tagen flatterte mir jedoch ein Päckchen ins Büro. Sein Inhalt: eine Tasse von Mahlwerck. Porzellan bedrucken und veredeln ist eine Wissenschaft für sich schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. Bei meinem Trinkgefäß schlägt sich das in Form einer weißen Glasur auf schwarzem Grund nieder. Daneben prangt das Logo des Magazins, dem ich das Präsent zu verdanken habe. Ein Mitarbeiter hat es mir geschickt, mit dem ich beruflich in den letzten Wochen oft zu tun hatte. Geschickt zum Verbleib und als kleines Dankeschön dafür, dass Sie mit uns so viel Geduld […] hatten, steht in seinem Begleitschreiben.  An dieser Stelle könnte der nachfolgende Absatz zwei Wendungen nehmen: 1. Ich schreibe etwas über Ressourcenverschwendung und das Abwerfen von äußerem Ballast, über unverständliche Werbesprüche oder die Aushilfsstudentin, die noch Platz im Küchenschrank ihrer WG hatte. 2. Ich blogge über die Freude, die mich …