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Unfuck The World: Heldenmarkt München

„Make Love Not Car“ oder „Unfuck The World“ steht in großen Buchstaben auf dem bedruckten Umweltkarton. Macher der provokanten Postkarten-Parolen: Utopia, ein Netzwerk für Verbraucher und Hersteller, für Menschen, die aufbrechen wollen. Und für diejenigen, die eine Samenbombe werfen möchten, eine sog. „Bio-Seedbomb“. Die gibt es hier nämlich kostenlos, zum Mitnehmen, ganz ohne Waffenschein. Bis zum Frühjahr lagern, auf eine Fläche werfen und dann blüht einem was. Verspricht zumindest Deutschlands größte Community für strategischen Konsum und nachhaltigen Lebensstil.

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Zusammen mit mehr als 60 weiteren Ausstellern präsentieren sich Vertreter der Plattform an diesem Wochenende auf dem Heldenmarkt in München. Ein Schaufenster in eine optimistische Zukunft möchten die Macher bieten. Und titulieren in einem Interview alle Menschen als Helden gesellschaftlicher Verantwortung, die ihren Lebensalltag in Richtung einer öko-sozialen Zukunft umgestalten. Schönes Wording für eine Messe, die sich auf nachhaltigen Konsum konzentriert. So klingt grünes Marketing heute.

Schon nach dem ersten Standbesuch fühle ich mich also wie ein Held, ein bombastisches Gefühl inmitten zahlreicher Amazonen. Denn die Nachhaltigkeit ist an diesem Samstag eindeutig in weiblicher Hand. Köpfe zusammenstecken bei DaWanda, T-Shirts shoppen bei DearGoods oder bei der Konkurrenz von colourmoods. Die locken nicht nur mit hautfreundlicher Bio-Baumwolle, sondern auch mit einer bunten Palette. Getreu dem Namen: Für jede Laune eine Farbe. Colour your mood – Bunt macht glücklich. Oder: Nur grün zu sein ist eben doch langweilig.

Überhaupt darf der Eventcharakter bei moderner Nachhaltigkeit nicht fehlen. Die perfekte Trinkflasche für Leitungswasser verspricht daher „praktisch, trendy, gemeinnützig, billig, mobil und aktiv“ zu sein. Denn schließlich ist Dopper eine Initiative zur Förderung des Trinkens von Leitungswasser. Dass die Flasche aus Plastik und nicht biologisch abbaubar ist, Nebensache. Mit Plastik gegen die Verkleinerung des Plastikabfallberges? Glasklar ist das nicht.

Irgendwie will der Funke in München trotz eines vielfältigen Mix aus Produkten und Dienstleistungen (noch) nicht so richtig überspringen. Lange Schlangen wie im November 2012 in Berlin sucht man zumindest am Samstagnachmittag vergeblich. Selbst meine Licht-Freude ist trotz großer Affinität zu schöner Wohnen etwas getrübt: Lampen aus nachwachsenden Rohstoffen? Eine Stahlblech-Pflanze war mir bis heute vollkommen unbekannt.

„Mal ganz ehrlich: Ökos mit ihren Latzhosen und Atomkraft-Nein-Danke-Stickern haben irgendwie doch recht gehabt“, hat Utopia auf eine andere Karte gedruckt. Mit anderen Worten: Reichen weniger Shoppen und ein bescheidenerer Kapitalismus oftmals nicht schon für heldenhafteren Konsum?

Wir bedanken uns beim Team Heldenmarkt, die uns eine Pressekarte für die Messe zur Verfügung gestellt hat.

13 Kommentare

  1. Ich habe es heute doch noch geschafft, zum Heldenmarkt zu gehen und bin auch etwas zwiegespalten.
    Einerseits finde ich es toll, dass es eine solche Veranstaltung gibt, ein paar Firmen und Organisationen kannte ich noch nicht und als eine Anregung nehme ich auf jeden Fall mit, mich mal verstärkt mit dem Thema „Geldanlage“ (unter ökologischen, sozialen etc.Gesichtspunkten) zu beschäftigen.
    Andererseits hätte man aus dem Thema noch so viel machen können. Mir fallen spontan bestimmt 10-15 Münchner Geschäfte, Restaurants, Initiativen etc.ein, die auch wunderbar in das Profil gepasst hätten (und das sind nur die, die ich kenne). Das hätte das Angebot sicher noch abgerundet und vertieft.
    So war ich nach einer knappen Stunde durch und weiss nicht wirklich, ob ich viel verpasst hätte, wenn ich doch erst Abends wieder nach München gefahren wäre.

    Deine Bilder finde ich übrigens sehr gelungen!

    • Minimalismus21 sagt

      Hallo Inka,

      vielen Dank für Dein Feedback! Schön, dass Dir die Bilder gefallen.

      Ich hatte mich sehr auf die Veranstaltung gefreut, zumal ich derartige Initiativen wirklich begrüße.
      Aber mir ging es wie Dir: Nach etwa einer Stunde habe ich den Rückzug angetreten.
      Irgendwie hat mir der „Spirit“ gefehlt. Trotz Tombola und Showküche kam keine richtige Stimmung unter den Besuchern auf.
      Bei kritischeren Fragen an einzelnen Ständen hatte ich zudem den Eindruck, da wird es schnell eng mit der Nachhaltigkeit.

      Vielleicht ist ein Problem, dass der Heldenmarkt zum ersten Mal in München seine Zelte aufgeschlagen hat – in anderen Städten scheint das Konzept weitaus erfolgreicher zu laufen; inkl. mehr Ausstellern und Besuchern.

      Ich glaube, ich gehe jetzt dann doch erst einmal ins Japanische Teehaus ;-).

      LG
      M21.

  2. Oh dann überlege ich mir noch ob ich wirklich dorthin fahren sollte. Immerhin sind es auch locker 45 min Fahrt bis zur Halle. Wenn man dann schon in einer Stunde durch ist, lohnt sich das kaum für mich. Schade.

    • Minimalismus21 sagt

      Hallo Mareike,

      welche Messe bzw. welche Stadt würdest Du denn anpeilen?

      Ich habe soeben noch einmal in der Infobroschüre nachgesehen: Es folgen Bochum (5.-7.4.), Frankfurt/Main (5./6.10.), Stuttgart/ Fellbach (2./3.11.) und Berlin (16./17.11.).

      In Berlin waren im letzten Jahr über 160 Aussteller vor Ort – also mehr als doppelt so viel wie in München. Vielleicht lohnt sich ein Besuch in der Hauptstadt mehr ;-).

      In München scheinen es – der offziellen Pressemeldung nach zu urteilen – am Ende zumindest doch noch 3.600 Besucher geworden zu sein.

      Einen guten Start in die neue Woche
      M21.

  3. Ich würde Bochum anpeilen. Berlin ist doch ein bissel weit. Kenne aber auch die Halle nicht und habe gerade gelesen, dass sie zusammen mit einer anderen Messe stattfindet. Und die Aussteller sind noch weniger als in München. Aber ich werde es eh vom Wetter abhängig machen. Bei totaler Langeweile und Regen gehe ich eher hin als bei Sonnenschein und der Aussicht auf eine Wanderung. 😉

    • Minimalismus21 sagt

      Guter Plan – lass mal beizeiten hören, für was Du Dich entschieden hast :-)!

  4. Tolle Impressionen vom Heldenmarkt und interessante Analyse von dir (und Inka). Ich glaube, das was euch komisch vorkam, war die Tatsache, dass ihr bereits wisst, dass Konsum, auch wenn er „nachhaltig und strategisch“ ist, genauso Ressourcen verschleudert wie normales Zeug. Und auch wenn etwas „bio“ oder „öko“ oder was auch immer ist, kann es genauso Plunder in der eigenen Wohnung sein wie anderes Zeug.
    Oder?
    Ich finde das Thema „strategischer Konsum“ mittlerweile echt total ausgenudelt und ich kanns einfach auch nicht mehr hören. Ich will nicht „strategisch konsumieren“. Ich will überhaupt nicht konsumieren müssen. Und wenn ich schon konsumiere, möchte ich nicht ständig drüber nachdenken müssen, was ich damit in der großen weiten Welt anstelle.
    Ein Produkt bekommt heutzutage immer gleich einen bösen grünen Biozwilling hinterhergeworfen. Was Anfangs ziemlich cool war – weil man ja endlich mal ne Alternative hatte – finde ich jetzt irgendwie total absurd. Da ist es mir egal ob es aus Bambus gebastelt ist oder aus Stahlpflanzen gezüchtet ist – es wird etwas hergestellt und verbraucht Ressourcen. Das ist nicht mehr greenwashing sondern grünes Brainwashing der Verbraucher.

    • *Daumen hoch* für deinen Kommentar. Zuerst sollte man sich bewusst werden, was man braucht und das darf dann auch eine Alternative sein. Aber wahllos grüne Alternativen konsumieren um sein Gewissen zu beruhigen, kann nicht der Sinn der Sache sein.

    • Minimalismus21 sagt

      Hallo Frau DingDong,

      vielen Dank für Dein Feedback!

      Biozwilling? Gleich patentieren lassen, das Wort ;-).

      Es ist so wie mit den Pads für gewisse Kaffeemaschinen – nennen wir sie Produkt x:
      Erst findet es ein Großteil nur praktisch, dann stellt man fest: Ups, die Dinger verursachen ja jede Menge Müll; noch dazu schwer recycelbaren.
      Und anschließend kommt irgendeiner auf die Idee, „nachhaltige“ Pads zu kreieren, d.h. es werden Bedürfnisse nach Alternativen geschürt, die vor der Herstellung von Produkt x gar nicht existierten…

      Egal ob bio, nachhaltig, grün oder welches Labeling auch immer: Diese Branche ist eindeutig ein Boomgeschäft.
      Aber wer versucht, Verbraucher „brainzuwashen“, sollte nicht bei etwas kritischeren Fragen schon kapitulieren müssen.

      LG
      M21.

  5. Danke für den interessanten Nachbericht. Wie bereits befürchtet, also doch eine sehr kommerzialisierte Marketing-Veranstaltung. Da spare ich mir den Besuch (und das Geld) in Bochum lieber und mache statt dessen einen Spaziergang, geh ins Museum oder trinke einen leckeren Tee in einem kleinen Café. Wenn schon „strategischer Konsum“, dann doch so!

    Liebe Grüße, Apfelmädchen

    • Minimalismus21 sagt

      Wo ist hier der Like-Button :-)?

      Und zum Thema „Grünes Brainwashing der Verbraucher beim Textilschweden“:
      Kaum klebt das Etikett „nachhaltig“ auf der Ware, kann man sich als Verbraucher doch gleich besser fühlen.
      Shoppen und Gutes tun – eine wunderbare Kombination.
      Schütz vor kritischem Gedankengut sowie der Reduzierung bzw. Hinterfragung des eigenen Konsumverhaltens…

      Achtung, bitte diesen Kommentar nur mit ganz viel Ironie im Hinterkopf lesen ;-).

      LG
      M21.

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