Ich mache irgendwas mit Medien. Beruflich. Im Hintergrund meines Arbeitgebers steht ein großer Verlag. Diskussionen um neue Erlösmodelle, um Paywalls, verändertes Konsumentenverhalten und die als selbstverständlich angesehene Gratis- bzw. Kostenloskultur im Internet sind mir nicht fremd. Der damit einhergehende Mentalitätswandel vieler Endverbraucher beschneidet nach meiner Ansicht jedoch einen zentralen, gesellschaftlichen Punkt: die Pluralität unserer Informationslandschaft.
Wer keine müde Mark für gut recherchierte Artikel ausgeben will, vergisst in letzter Konsequenz die Menschen dahinter – Journalisten, Redakteure, freie Autoren, Lektoren, Grafiker, Fotografen und all diejenigen, die am Monatsende von ihrer Arbeit leben und die Miete bezahlen müssen. Alleine über Anzeigen und Werbung ist dieses Dilemma in den meisten Fällen schon lange nicht mehr zu lösen. Einzelnen Printprodukten wie Tageszeitungen, aber auch Programm- und Jugendmagazinen geht es vor diesem Hintergrund „heftig an den Kragen“. Wer grundsätzlich nicht für journalistische Inhalte (im Internet) bezahlen möchte, muss in Zukunft vielleicht auf seine Lieblingslektüre verzichten. Eine unfreiwillige Form von Minimalismus.
Umformen beginnt im Kopf
Umso mutiger ist es, wenn Blattmacher einen anderen Weg gehen. In diesem Fall sind es Richard Gasch und Jan Korte. Zusammen mit ihrem mehrköpfigen Team haben die Herausgeber und Chefredakteure fast ein Jahr an einem neuen Magazin gearbeitet. Ihr Ziel: Anstöße geben für einen gesellschaftlichen Wandel ohne Vorschrift der Richtung. Ihr Ergebnis: transform – Magazin für das Gute Leben.
Und genau über letztgenannten Punkt wollen die jungen Initiatoren schreiben. Auf ihrer Webseite liest sich das so: Also lasst uns das Gute Leben suchen und es anderen ermöglichen. Es wäre nicht nur schade, sondern fatal, wenn vor allem Werbung-durchtränkte Hochglanzmagazine öde Artikel über das Gute Leben schreiben und es ansonsten schlichtweg vergessen wird. Während wir uns diesem Thema annähern, werden wir hingegen weder streitbare Themen meiden noch das Lebenswerte vergessen.
Wir schmeißen hin
Der digitale Pilot der knapp 120 Seiten starken Ausgabe steht unter dem Schwerpunkt Arbeit. Dabei werden grundsätzliche Fragen aufgeworfen wie „Leben wir wirklich für die Plackerei? Und was können wir tun, um endlich wieder etwas freier zu sein?“ Die Autoren selbst begeben sich auf eine breite Rundreise durch Musik und Literatur, durch Kulinarisches und Kurioses. Hier trifft Pippi Langstrumpf auf sozialkritische Musikgruppen wie Ton Steine Scherben. Dort werden Überlegungen zum Ende der klassischen Arbeit (Stichwort „Robotisierung“) ebenso laut wie zur Postwachstumsgesellschaft, zu Teilzeitbeschäftigung und Job Sharing oder zu Hartz IV, Sabbaticals und einer sanftmütigen Alltags-Dissidenz; das Ganze nicht immer ohne ein gewisses Augenzwinkern.
Darüber hinaus kommen bei transform interessante Gastautoren zu Wort, die den Ausstieg aus dem herkömmlichen Hamsterrad geschafft haben, darunter Menschen wie Kai Romhardt. Der ehemalige McKinsey-Mitarbeiter tauschte Unternehmensberatung und Leben auf der Überholspur gegen Achtsamkeit und buddhistische Weisheitslehre und gründete u.a. das Netzwerk „Achtsame Wirtschaft“.
Digitales Blattmachen
Erfreulicher Service und Vorteil des ungedruckten Formats in diesem Zusammenhang: Nahezu jeder Beitrag ist gespickt mit weiterführenden Links zu interessanten Artikeln, Autoren und Facebookgruppen. Ein Klick genügt. Charmantes Detail: die Icons für besseres Lesen. Sie zeigen etwa an, wie viel Zeit man zum Überfliegen eines Textes bzw. zum genussvollen Schmökern braucht. Eine versteckte Aufforderung für mehr Muße?
Denn die braucht man – im positiven Sinne – für eine komplette Lektüre. Die erste Ausgabe ist so prall gefüllt, dass sie sich locker auf zwei „Hefte“ aufteilen ließe. Und ja, man spürt das Potenzial hinter dieser Idee ebenso wie den Tatendrang der Macher, die von sich selbst sagen, es lägen noch jede Menge wundervolle Inhalte in der Schublade. Die gibt es, wenn ein Betrag von 10.000 Euro durch den Verkauf der digitalen Pilotausgabe sowie die Vorbestellungen zusammengekommen ist. Dann geht das Ganze nämlich in den Druck, inklusive weiterer Beiträge und spannender Extras. Lang lebe Print!
Wer Druck machen will, bitte hier entlang startnext.com/transform-magazin.
Für das Rezensionsexemplar bedanken wir uns ganz herzlich.
Wow, das hört sich nach einem spannenden Projekt an!
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Magazin alle drei Monate erscheinen soll. Das finde ich auch gut so! Die Fülle an Informationen muss man ja schließlich auch erstmal verarbeiten. 🙂
Alles Liebe,
Philipp
Ja, alle drei Monate ist ein guter Rhythmus :-).
Bin gespannt, wie es mit dem Projekt weitergeht.
LG
M21