Geschafft. Vor vier Tagen sind der Herr M21er und ich umgezogen. Und ich schreibe dieses kurze Update zwischen unausgepackten Kisten, zwischen anderen Wänden und anderen Nachbarn, um eine Uhrzeit am Sonntag, zu der noch eine herrliche Stille über der Stadt liegt. Doch in mir ist es unruhig. Mein Kopf ist voller unsortierter Gedanken. Innen und Außen sind durcheinandergewirbelt, ja nahezu chaotisch. Und das Schlimmste: Ich verspüre Gefühle von „Heimweh“. Zwölf Jahre haben wir in der alten Wohnung gelebt, gelacht, geweint, gehaust, haben unsere ersten richtigen Jobs begonnen, Höhen und Tiefen, gute Zeiten, schlechtere Zeiten durchlaufen. Versteht mich nicht falsch. Ich bin wahnsinnig dankbar, die Chance für einen Wohnungswechsel bekommen zu haben. Denn wer aufmerksam mitgelesen hat, weiß, dass wir über ein Jahrzehnt auf diese Möglichkeit gewartet haben. Stichwort: Genossenschaft. Doch nun ist sie weg, die Zeit, die wir in der bisherigen Form in vertrauter Umgebung hatten. Wir können seit ein paar Stunden von unseren Fenstern auf die abgelegten vier Wände blicken. Wie auf ein zurückgelassenes Leben. Das kann man albern finden. Oder sentimental. Aber ich merke: Mit den Jahren bin auch ich offensichtlich zu dem sprichwörtlichen „Baum“ geworden, der sich nicht mehr so gerne verpflanzen lässt. Eine Frage des Alters? Spießig? Vielleicht.
Aufbruch ins neue Leben
Jedes Ende ist auch ein neuer Anfang, heißt es. Ich sage: Jeder Anfang ist auch ein Ende. Von alten Gewohnheiten, Tagesabläufen, Mustern und Ritualen, die wie selbstverständlich ins Blut übergegangen sind. Das aktuelle Haus riecht „fremd“, die Nachbarn „beschnuppern“ uns und wir sie. Nichts ist mehr an seinem alten Platz. Mein ganzes Leben wandert aus den Umzugskisten durch meine Hände, wird begutachtet, auf Wertig- und Wichtigkeit überprüft, in Frage gestellt, für gut befunden oder schlimmsten- bzw. bestenfalls freigelassen für einen anderen Besitzer und ein anderes Leben; je nachdem, mit welcher Perspektive man darauf blickt. Obwohl wir in den letzten Wochen noch einmal kräftig ausgemistet, reduziert und losgelassen haben, wirkt der Umzug auf den Minimalisten in mir – übertrieben gesagt – wie eine Schocktherapie. Denn:
1. Nach meinen heutigen Maßstäben besitze(n) ich/wir immer noch zu viele Dinge. Punkt. Das lässt sich nicht wegreden. Wie viel Fassungsvermögen Schränke und Co. wirklich haben, ist mir erst jetzt erschreckend bewusst geworden. Die Zeit des Erwachens schmerzt sehr. Weil ich grundsätzlich stolz darauf gewesen bin, bereits viele Besitztümer abgegeben zu haben. Nun bleibt das Gefühl zurück, dass genug einfach (noch) nicht genug ist. Eine unangenehme Emotion, die mich blockiert und frustriert.
2. Ich hatte einen Plan. Nämlich nur die Dinge aus den Umzugskisten zu nehmen, die Status Quo zu 150% in meinem Bestand bleiben sollen und die mir wirklich etwas bedeuten. Die Idee dahinter: eine Form von Magic Cleaning. Genauer gesagt: Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt und wie ich mich fühle, wenn nur noch meine Lieblingsstücke in der Wohnung zu finden sind. Ich hatte gehofft, dass mich dieses heimische Utopia beflügeln würde. Und zwar in einem Maße, welches es mir erlaubt, den Rest der Kisten einfach ungesehen wegzugeben. Weil sich das befreiende Gefühl eines reduzierten Lebens und Alltags zu gut anfühlen, nach Freiheit und Loslassen schmecken würde. Was soll ich sagen? Maximal gescheitert? Ja, irgendwie schon.
3. Punkt 3 ist schuld daran. Zumindest ein bisschen. Wir sind mit sog. „Turtleboxen“ umgezogen (und ein paar geliehenen Pappkisten). Das Prinzip ist simpel. Anzahl der Boxen wählen, liefern und wieder abholen lassen. Vorteil laut Anbieter: „Umzugskartons werden im Durschschnitt zweimal verwendet und sind so ein klassisches „Wegwerfprodukt.“ TurtleBoxen hingegen sind aus 100% recycelbarem Kunststoff hergestellt und werden bis zu 600 Mal wiederverwendet. Pro Verwendung verursacht eine TurtleBox 23 g CO2, ein Umzugskarton 286 g CO2, also mehr als 12-Mal soviel. Mit TurtleBoxen sparen Sie Tonnen an Papiermüll und CO2.“ Das Konzept hat uns sofort überzeugt! Weil jede einzelne Woche Lagerzeit bzw. Miete jedoch bares Geld kostet, hatten wir den Druck, unseren Krempel so schnell wie möglich wieder auszupacken. Punkt 2 ist damit allerdings Essig. Und zwar von der sauersten Sorte.
Minimalismus, wir müssen reden
Doch ich will nicht den Kopf wie eine Schildkröte einziehen. Sondern ich will weitermachen. Nach dem Motto: Jetzt erst recht. #Reset. Alles auf Anfang ist noch längst nicht am Ende. Mein Minimalismus, Du und ich, wir müssen noch einmal miteinander reden. Uns neu justieren und hinterfragen. Vielleicht die Spielregeln ein wenig modifizieren. Der mittelalte Baum hatte zwar mächtige Wurzeln geschlagen. Doch er ist bereit, sich grundsätzlich anders zu verästeln.
Seid ihr dabei?
#Reset. Alles auf Anfang. Die aktuelle Blogserie auf Minimalismus21.
Begleitet uns in den nächsten Wochen bei unserem Einzug in ein neues Leben. Alle vorherigen Teile der Serie findet ihr unter dem Suchbegriff #Reset rechts oben (Lupe) und natürlich bei Twitter.