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Back to school: Gedanken am Ferienende

Die Ferien sind fast vorbei. Ich sitze wieder an meinem Schreibtisch, bereite mich auf das kommende Schuljahr vor. Es war ein wundervoller Sommer; frei zu haben und planlos in den Tag hineinzuleben, bedeutet für mich pures Glück und tiefe Entspannung. Umso schwerer wird nächste Woche die Rückkehr in den Berufsalltag. Die Sorglosigkeit der Sommerferien wird mir fehlen. Schließe ich die Augen, dann habe ich die atemberaubende Landschaft unseres Bergrefugiums wieder vor mir: Eine saftige Wiese, die von Tannen begrenzt wird. Im Hintergrund erhebt sich das Wettersteingebirge, umspielt vom Hochnebel der ersten Herbsttage. Im Außenpool schwimmt ein einzelner Gast seine Bahnen. Erst vor wenigen Tagen habe ich mich selbst im Solebecken treiben lassen, das heiße Wasser genossen. Und mich anschließend in Decken eingehüllt am prasselnden Feuer der offenen Kamine im Badehaus ausgeruht. Dort könnte man leben, vollkommen losgelöst von allen Pflichten, aufmerksam umsorgt und jeden Abend lecker bekocht. Stattdessen zerren bald wieder Termine, berufliche Herausforderungen und Verpflichtungen an mir.

Ich arbeite gern!
Doch genau auf diesen oftmals sehr stressigen Alltag freue ich mich! Ich mache meinen Job gerne und sehe mich in keinem anderen Beruf. Warum auch? Die vermeintlichen Sonnenseiten, die man mit manchen alternativen Lebensformen verbindet, sind meiner Meinung nach oftmals romantisch verklärt: Ach, wäre das schön, so oder so zu leben, dann müsste ich nicht meinen (lästigen) Pflichten nachkommen… Doch die Realität sieht meist ganz anders aus. So hat das Leben eines Bergbauern auf einem Selbstversorgerhof nichts mit einem erholsamen Aufenthalt in einem Wellnesshotel zu tun. Die harten Bedingungen und Anforderungen würden mich rasch an meine Grenzen bringen; auch möchte ich nicht dauerhaft auf das Leben in der Stadt verzichten. Für mich also keine Alternative.

Ferien_sind_doof
Work-life-balance
Ich habe das Glück, mit meiner Berufswahl eine mir entsprechende und sinnstiftende Tätigkeit gefunden zu haben, die ich nicht missen möchte. Trotzdem komme ich manchmal an meine physische und psychische Belastungsgrenze. Was also tun? Ein bisschen aussteigen ohne wirklich alles hinter sich zu lassen? Mein persönliches Ziel für dieses Schuljahr ist mehr Achtsamkeit auf meine wahren Bedürfnisse. Um diese wieder wahrzunehmen, benötige ich solche Rückzugsorte wie unser Bergrefugium in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. Die dort zelebrierte Entschleunigung und Ruhe macht den Kopf wieder frei für klare Gedanken. Natürlich ist mir das scheinbar Paradoxe der Situation durchaus bewusst: Man arbeitet hart, um sich solche Auszeiten leisten zu können. Letztendlich natürlich auch, um die eigene Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und zu erhalten – um wieder zu „funktionieren“. Doch ich sehe das nicht so eindimensional. Ich bin gerne Lehrer, liebe meinen Beruf. Zudem möchte ich auf bestimmte Annehmlichkeiten des modernen Lebens, die mir meine Arbeitsleistung finanziert, nicht verzichten. Gleichwohl merke ich, dass ich mit meinen Kräften besser haushalten sollte, je älter ich werde; dass ich stärker auf einen körperlichen Ausgleich zu meiner geistigen Tätigkeit achten muss. Keine großartige Erkenntnis, doch ohne das regelmäßige, bewusste Innehalten geht sie im Alltagsstress schnell verloren.

Dafür hat sich die letzte Auszeit in den Bergen auf jeden Fall gelohnt!

Gelebter Minimalismus: Blogpause

Herr M21er und ich machen eine Pause. Vom Blog. Vom Internet. (Und ein bisschen vom Job.) „Digitale Auszeit“ nennt man das, eine Begrifflichkeit, die erst mit dem Zeitalter des World Wide Web und seinen Nebenwirkungen in unseren Sprachschatz eingezogen ist.

Seit das Smartphone immer dabei ist, sind wir nie ganz da, wo wir gerade sind, schreibt Jürgen von Rutenberg in seinem äußerst lesenswerten Artikel auf ZEIT Online. Wie oft beobachte ich dieses Verhalten – nein, diesen Zustand – im Alltag bei meinen Mitmenschen. Und stellenweise auch bei mir selbst. Ich/ wir aber möchte(n) uns eine Weile wieder stärker auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Zumindest in unseren freien Sommerwochen. Wollen den Tag unbeschwert auf uns zukommen lassen und das Leben analog leben. Nie habe ich seit dem Start von Minimalismus21 vor über zweieinhalb Jahren das Gefühl gehabt, mir würden die Themen ausgehen. Dass sich diese natürlich verändert haben, steht auf einem vollkommen anderen Blatt. Was sich jedoch eingeschlichen hat, ist der Eindruck von schwindender Leichtigkeit. Einen Blog konsequent am Laufen zu halten, bedeutet vor allem eines: kontinuierliche Arbeit, gepaart mit einem wachen Blick. Dann liegen nämlich nicht nur die Geschichten aus der großen Stadt quasi auf der Straße.

Sendepause
An Ideen für neue Posts mangelt es also nicht. Aber an einem gewissen Gefühl der Unbeschwertheit. Frei von Klickzahlen, Likes, Kommentaren und Co. Auch wenn von diesen – Achtung, BWL-Sprech – „KPIs“ glücklicherweise am Ende des Monats nicht unser Kontostand abhängt: Selbst die größte Leidenschaft kann (geistig) unfrei machen. Deswegen lassen wir uns jetzt ein wenig den Kopf durchblasen, atmen auf und durch, schalten ab und faulenzen, machen eine Fastenzeit für Körper und Geist. Und tun die nächste Zeit nur noch eines: Minimalismus wirklich leben.

Lebenswege zum Glück

Geschafft. Endlich sind Sommerferien. Ich sitze mit einer Latte macchiato auf unserem Balkon, genieße die Ruhe in unserem Innenhof. Versonnen betrachte ich die Krone der alten Buche, deren Blätter in der Sonne leuchten. Ruhe und Entspannung durchströmen mich, die Gedanken schweifen ziellos umher… ich verspüre Zufriedenheit mit meinem Leben. Ich bin nicht getrieben oder auf der Suche. Für mich existenziell wichtige Lebensschritte bin ich schon gegangen und habe sie bis jetzt nicht bereut. Viele Entscheidungen sind gesetzt, einige Optionen mit Blick auf die Endlichkeit des Lebens wohl für immer passé. Zum Glück quälen mich hier keine Zweifel.

Verpasste Chancen?
Trotzdem faszinieren mich alternative Lebensentwürfe von anderen Menschen. Und manchmal denke ich mir: Das wäre auch ein reizvoller Weg (gewesen), das Leben zu gestalten. Bei der Lektüre der Süddeutschen Zeitung (SZ) ging es mir gestern so: „Zu Fuß unterwegs ins Glück“ – dieser Artikel über Sandro Langholz hat mich sofort gefesselt. Ähnlich wie der 27-Jährige war auch ich nach dem Examen unsicher über meine Zukunft. Vor dem Referendariat für das Lehramt scheute ich zurück. Daher ließ ich mir Zeit mit der endgültigen Entscheidung.
Doch die Suche nach meiner Bestimmung verfolgte ich damals beileibe nicht so konsequent wie Sandro. Gleich nach Abschluss seines Studiums (Management sozialer Innovationen) machte er sich von München-Pasing aus auf den Weg – im wörtlichen Sinn. Seit einem Jahr ist Langholz nun schon zu Fuß unterwegs, um (für sich) eine neue Form des Lebens zu finden: Umweltbewusst, sozial und genügsam. Darüber schreibt er auch in seinem Blog „SustainHAPPYlity“.

Mit der Internetpräsenz möchte der junge Mann andere für ein konsumarmes Leben begeistern. Trotzdem tue er sich mit dem Begriff der Konsumkritik schwer, wie er der SZ erläutert. Was denn nach mehr als einem Jahr vom Freiheitsgefühl zu Beginn der Reise übrig geblieben sei? Materiell vermisse er bis heute nichts, so Langholz im Interview, er habe sogar noch Dinge aus seinem spärlichen Gepäck verschenkt. Nur seine Freunde und Familie würden ihm fehlen. Für ihn jedoch kein Grund zurückzukehren. Immer noch ist er auf Wanderschaft, ohne konkrete Planungen und zeitliche Limits:

„Ich bin einfach so lange unterwegs, bis ich einen schönen Ort für mich finde.“