Alle Artikel mit dem Schlagwort: Hygge

Nachlese: Natürlich leben (Rebecca Sullivan)

Als Stadtkind bin ich meinen schon lange verstorbenen Großeltern besonders für eine Erfahrung dankbar: Durch ihre kleine Selbstversorgerwirtschaft auf ihrem ehemaligen Bauernhof bin ich in meinen Ferien mit Gärtnern, Tierhaltung inklusive Schlachtung, Fischen, Einmachen, Kochen, Holzmachen, Schnitzen, Handwerken und Renovieren in Berührung gekommen. Der große Nutzgarten, das Angeln am Altrhein inklusive Fahrradtour, die Kaninchen und Hühner und die nie endende Arbeit an dem gut 100 Jahre alten Anwesen waren immer ein Garant für ereignisreiche Sommerferien. Ganz nebenbei habe ich viel Wissen über einen naturnahen Lebensstil erfahren, der damals auf dem Dorf selbstverständlich war – und habe mit Oma die weltbesten Essiggurken auf dem alten Holzherd in der Küche eingeweckt! Do it yourself Solche Erlebnisse sind heute nicht mehr selbstverständlich. Stattdessen gehen viel Wissen und alte Traditionen verloren. Und genau diesem Trend stellt Rebecca Sullivan ihr Ratgeber-, Rezepte- und Anleitungsbuch „Natürlich leben. Die besten DIY-Rezepte für Dich und Dein Zuhause“ entgegen. Wie sie in ihrer Einleitung schreibt, geht es ihr „mit Blick auf die Nachhaltigkeit […] dabei vor allem um eine Ernährungsethik, die unsere Umwelt berücksichtigt, …

Out of Office. Ichzeit 2018

Meine letzten großen Sommerferien liegen weit zurück. Genauer gesagt im letzten Jahrhundert und im letzten Jahrtausend zugleich. Mitte der 1990er Jahre. Vor dem letzten Schuljahr, das mich nach 13 Jahren Klassenraum in die Welt von Studium und diversen Nebenjobs entlassen sollte. Sechs Wochen, die alles versprachen, aber nichts von mir verlangten. Sechs Wochen, in denen Zeit noch nicht zu einer Währung verkommen war, einer Währung, die man ausgeben und investieren musste – für Hausarbeiten und gute Noten, in Praktika und erste Schritte auf dem Arbeitsmarkt. 42 Tage, die mir wie ein kostbarer Schatz vorkamen und stets ein Gefühl von „Alles ist möglich“ im Gepäck hatten, von Unendlichkeit, Unbeschwertheit und tiefster „Seelenbaumelei“. Weniger Zeug, mehr Zeit Irgendwann sind mir diese Gefühle mehr und mehr verlorengegangen. Denn die Währung hatte sich ausgezahlt. Ein abgeschlossenes Studium, eine fertige Doktorarbeit, solide Festanstellungen. Dazwischen mühsam erwirtschaftete Auszeiten von zwei bis maximal drei Wochen am Stück, um Körper und Geist wieder zusammenzuführen und ein Gefühl für das Hier und Jetzt fernab von externen Ansprüchen an mich und meine Person zu bekommen. …

Nachlese: Hygge No 1

Irgendwann hat sich ein neuer Begriff in meinen Kopf breitgemacht: Hygge. Ich kann gar nicht mehr sagen, wann ich zum ersten Mal darüber gestolpert bin. Vermutlich auf Instagram. Auf einem der zahlreichen Bilder, die Wohlfühlmomente mit einfachen Dingen in gemütlich-geborgener Atmosphäre versprechen. Zugegeben: Ich fand das zunächst etwas albern. Ein weiteres Buzzword, das aus dem Dänischen bzw. Norwegischen in unsere Breitengrade geschwappt und wie geschaffen für romantisch-verklärte Bloggerwoohoos ist: gemütlich, angenehm, nett, gut. So die wörtliche Bedeutung des Adjektivs, das ein Lebensgefühl zu transportieren verspricht, ein Gegenstück zur fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft und zu ihrer Beschleunigung. Aus Minimalismus-Sicht bin ich bei neuen „Trends“ stets etwas kritisch, weil naturgemäß die Kommerzialisierung derselben meist nur eine Frage der Zeit ist. Aus Rezensions-Sicht pflege ich jedoch eine unvoreingenommene, neutrale Perspektive. Und aus beruflicher Sicht weiß ich, wie hart umkämpft der Printmarkt im digitalen Zeitalter geworden ist und warum guter Content kosten darf und muss. Egal, ob auf Papier oder im Netz. Hygge No 1: Ein Sommer mit Freunden Im Fall des neuen Hygge-Magazins aus der Verlagsgruppe Deutsche Medien-Manufaktur …