„Mia san Bier“ – das klingt nach weiß-blauem Lokalpatriotismus, nach „Laptop und Lederhose“, auf ewig christlich-sozial und wem`s ned passt, der ko si schleicha… Bevor selbst der geneigte Leser jenseits des Weißwurst-Äquators das Weite sucht – nein, dahinter verbirgt sich keine Bayerntümelei, sondern eine Münchner Stadtteilbrauerei, die seit 2003 den globalen Biergiganten trotzig und erfolgreich die Stirn bietet.
Entstanden aus einer Bierlaune, brauen die Mitarbeiter um Geschäftsführer Steffen Marx für den lokalen Gebrauch in umgebauten Garagen in Untergiesing. Nachdem sich die großen Münchner Brauhäuser teilweise im Wettlauf um globale Präsenz übernommen und ihre Eigenständigkeit weitgehend verloren haben, stellt das Giesinger Bräu damit die zweite Privatbrauerei Münchens nach Augustiner. Ein Paradebeispiel für regionales Wirtschaften!
Verkauft wird am Hof und in kleinen privaten Getränkemärkten. Außerdem werden ausgewählte Münchner Kneipen beliefert. Diese kurzen Transportwege innerhalb der Stadt sind alleine schon deshalb notwendig, weil die „Untergiesinger Erhellung“ – ein unfiltriertes und nicht pasteurisiertes naturtrübes Kellerbier – nur drei Monate haltbar ist. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, obwohl die Brauerei im Herbst 2014 in ein neues Gebäude in Giesing (Münchner Osten) umziehen wird. Die Giesinger Biermanufaktur setzt weiterhin auf langsames lokales Wachstum. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, haben sie dafür ein altes Umspannwerk der Stadt gefunden, das sie mit einem begeisterten Unterstützer aus der Eventbranche zur Brauerei mit Wirtschaft umbauen: Ein Joint Venture, das durch Nachbarschaft entstanden ist.
Um finanziellen Druck erst gar nicht aufkommen zu lassen, bedient sich Geschäftsführer Marx des Crowdfundings. Man kann entweder Unterstützer werden oder sogenannte „Genussscheine“ zeichnen. Acht Prozent Gewinnausschüttung in Verzehrgutscheinen ist in Zeiten der Niedrigverzinsung ein gutes Geschäft, das einen mindestens einmal pro Jahr ins Bräustüberl der Giesinger führen wird.
Think global – drink local. Gelebte Regionalökonomie, die Spaß macht und schmeckt! Nicht nur für Münchner empfehlenswert.
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