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Unzertrennlich: Minimalismus und Konsum

Zwischen Minimalismus und Konsum besteht nicht zwingend ein Widerspruch. Menschliche Grundbedürfnisse (sogenannte „Needs“) lassen sich ohne Folgen kaum vollständig reduzieren oder wegrationalisieren. Im Gegenteil. Wer nichts zu sich nimmt, wird irgendwann verdursten, verhungern, erfrieren etc. Dass Konsum in seinen zahlreichen Facetten zudem Spaß machen kann und darf, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt. Auch für Minimalisten.

Wie ein Blick ins Etymologische Wörterbuch zeigt, ist der Begriff „konsumieren“ übrigens schon seit dem 17. Jahrhundert im Gebrauch. Er wurde entlehnt aus dem lateinischen cōnsūmere und beinhaltet zu sich nehmen bzw. nehmen ebenso wie kaufen. Quasi zwei Seiten einer Medaille, die in den meisten Fällen aber unmittelbar zusammenhängen. Viel wichtiger ist jedoch: Konsumieren bzw. Kaufen bedeutet Macht. Warum das so ist? Das erklärt Schauspieler, Autor und Umweltaktivist Hannes Jaenicke.

Dein Kaufverhalten entscheidet
Als Verbraucher und Konsument treffen wir also fortwährend unzählige Entscheidungen. Mit jedem Euro, den wir ausgeben, geben wir zugleich eine Stimme ab. Für ein Mehr oder Weniger an Qualität und Langlebigkeit, für eine Marke und eine Firma, für Fast Fashion und den Preis der Mode, für noch mehr globalen Wohlstandsmüll oder regionales Understatement: Die Liste lässt sich – gemäß unserem Beitragsbild – beliebig fortsetzen. Dass unser kapitalistisches Wirtschaftssystem ein schlafloser Verbrennungsmotor mit unstillbarem Hunger nach Mehr ist, hat mir der Politikwissenschaftler Norbert Nicoll unlängst noch einmal in der ganzen Komplexität vor Augen geführt. Sein Sachbuch mit dem Titel Adieu, Wachstum! Das Ende einer Erfolgsgeschichte entlarvt die Schattenseiten alternativer Hoffnungsträger, darunter den Elektromotor bzw.  das Elektrofahrzeug. Was wir bspw. beim Thema „grüne Mobilität“ nämlich nur allzu gern übersehen: Die Herstellung der Batterien ist äußerst umweltschädlich, viele ihrer Bestandteile wie Kuper und Nickel sind endlich, der Ressourcenverbrauch bei der Herstellung der Fahrzeuge extrem hoch; um nur einige Punkte zu nennen. Wer versucht, 100% ethisch und ökologisch korrekt zu konsumieren, wird in vielen Bereichen schnell an (seine) Grenzen stoßen. Als Beispiel sei hier ergänzend die faire Computermaus von Nager IT genannt:

„Bezieht man die komplette Lieferkette mit ein, kann man unsere Maus […] als 2/3 fair bezeichnen. Das hört sich bescheiden an, ist aber mit Abstand das fairste, was es im Bereich Elektronik gibt. Zu erklären ist dies durch die Komplexität der Lieferkette […], die schon für die Maus mehr als 100 beteiligte Fabriken und Minen umfasst“,
heißt es auf der Webseite.

Grüner Konsum: Minimalismus oder Maximalismus?
Überträgt man den – zweifelsfrei hehren – Anspruch hinter diesem PC-Zubehör auf alltägliche Gebrauchs- und Bedarfsgüter sowie auf die persönliche Ausgestaltung des Minimalismus, kann sich das angepeilte Lebensmodell schnell ins Gegenteil verkehren. Frust, Ohnmacht oder sogar Gefühle von Rat- bis Sinnlosigkeit, trotzige Resignation und Ballast statt Leichtigkeit sind dann mitunter nicht weit. Aus dem ursprünglichen Wunsch nach Einfachheit und dem Streben nach Weniger wird ein unerfreuliches Mehr an inneren Zwängen und Ballast. Was also tun?

Wir müssen reden
Abhilfe und Orientierung im Shoppingdschungel können u.a. alternative Initiativen wie der bundesweite Heldenmarkt schaffen, der zuletzt im MVG Museum München stattfand. 2015 haben wir dort  u.a. die Zahnputztabletten von Denttabs kennengelernt, nachdem wir bereits die Bambuszahnbürsten von Hydrophil  sowie die plastikfreie Trinkflasche von Klean Kanteen unter die Lupe genommen hatten. Obwohl selbst auf der genannten Verbrauchermesse nicht alles bis ins Letzte grün ist, was nachhaltig glänzt: Austausch, Information und Aufklärung tragen in jedem Fall dazu bei, die eigene Wahrnehmung zu sensibilisieren und zu schärfen. Wer wissen will, wie er sein Leben bewusster, einfacher, umweltverträglicher und ressourcenschonender gestalten kann, muss den Dialog über („besseren“) Konsum zulassen. Aus diesem Grund wollen auch wir bei Minimalismus21 immer wieder dezidiert Produkte vorstellen und kritisch beleuchten, die wir für sinnvoll und unterstützendswert auf dem Weg vom Weniger zum Mehr halten. Unser Motto „Weniger, aber wertiger“ fest im Blick.

Seid Ihr dabei? Dann freuen wir uns über Empfehlungen, Hinweise, Tipps und eigene Erfahrungswerte rund um die Bereiche Zero Waste bzw. Less Waste, Bio, Secondhand, Handwerk, Regionales sowie plastikfreie, müllsparende und ressourcenschonende Lösungen.

8 Kommentare

  1. Schöner Artikel, tut gut zu lesen. Ich bin es leid immer zu hören, dass Konsum per se schlecht ist, bzw. das ich als Minimalistin mich angeblich der Bedürfnislosigkeit unterwerfe.

    • M21 sagt

      Liebe Marcella,

      das freut mich zu hören!

      Grundsätzlich muss man die ganze Diskussion rund um „Minimalismus“ sachlich führen können – mit allen Themen, die eben auch unmittelbar dazugehören! Konsum dabei auszuschließen ist für mich – gemäß der Definition bzw. Bedeutung des Wortes – kein gangbarer Weg.

      Schöne Ostern und herzliche Grüße
      M21

  2. Konsum, auch grüner Konsum rettet nur leider nicht die Welt. Daher kann ich dieses „Dein Euro ist deine Stimme“ auch nicht mehr hören, da es an dem Problem rein gar nichts ändert. Das frustiert mich, weil es auf mich immer den Eindruck macht, als wäre es ne Ausrede um weiter Sachen zu kaufen, die man nicht braucht. Z.B. verbraucht Fairtrade-Biobaumwolle-Kleidung genauso Ressourcen, wie normale Kleidung. Muss auch transportiert werden. Vielleicht ist der gesamte Prozess dabei ein bisschen weniger schädlich für die Umwelt, vielleicht verdienen die Leute da ein bisschen mehr. Na und?
    Es kommt Zeug zu uns, wo von wir eh schon genug haben. Und auch Fairtrade-Klamotten werden irgendwann aussortiert.
    Das ermüdet mich.

    Aber ja, ich stimme euch zu. Austausch und Dialog über mögliche bessere Produkte und ein aufgeklärtes Konsumverhalten sind wichtig.

    • M21 sagt

      Liebe Frau DingDong,

      genau das ist die Krux, auf die wir auch wiederholt in unseren letzten Beiträgen und in diesem, hingewiesen haben.

      Dennoch kann man den Menschen das Konsumieren nicht schlichtweg verbieten. Abgesehen davon, dass wir (gemäß der ursprünglichen Bedeutung des Wortes) bei Konsum an eine ganze Reihe von Dingen denken: Vom guten Wein über die neue Klamotte bis hin zu Interieur aller Art, Mobilität uvm.

      Herr M21er und ich selbst lieben Flohmärkte und Secondhand. Neulich waren wir in München unterwegs: Es fühlte sich an wie auf einem großen Freiflächen-Kaufhaus. Im Grunde gibt es tatsächlich schon alles, was wir brauchen. Das hält die Leute dennoch nicht vom Kauf neuer Dinge ab.

      Viele werfen sich lieber ein chemiebelastetes, billiges T-Shirt vom Discounter über als ein individuelles, einzigartes Oberteil vom Flohmarkt, aus dem zugleich schon alle Giftstoffe ausgewaschen worden sind. Ich kenne einige, die sich direkt vor „gebraucht“ ekeln. Hier kann man Aufklärungsarbeit verschiedenster Art betreiben.

      Dass damit kein Freifahrtschein oder eine Shopping-Flatrate verbunden ist, darüber sind wir (Minimalisten) uns zum Glück ja ohnehin einig, oder :-)?

      Herzliche Grüße
      M21

    • E.B sagt

      deine Aussage stimmt schon im gewissen Sinne jedoch sehe ich alternativen um sich dennoch mit Kleidung oder andere Gebrauchs Gegenstände einzudecken zu konsumieren jedoch mit Ressourcen Schonung wie z.b second Hand Tauschbörsen Repair-Café sich ausleihen womit nur das genützt wird was schon da ist

  3. Für mich sind die Ökolifestyleprodukte nicht die Lösung. Die Leute setzen sich mit ihrer Ökoflasche in ihren Zweitwagen. :))) Oder fahren nebenan in den Bioladen. Ich bin noch nie unterwegs verdurstet. Ihr? Notfalls kaufe ich mir ein Eis.

    • M21 sagt

      Liebe Tanja,

      dass Du vorbildlich nachhaltig lebst, konnten wir ja schon vielen Deiner Kommentare auf unserem Blog entnehmen.

      Schade finden wir es jedoch, wenn beim Thema „Konsum“ Pauschalurteile gefällt werden, die ehrliche Bemühungen um ein Mehr an Weniger per se zunichte machen. Die reiche Lifestyle-Familie, die mit dem Försterauto zum Bioladen fährt, spiegelt unserer Meinung nach nicht den Durchschnitt der Bevölkerung wider.

      Wir finden es positiv, wenn Otto-Normalverbraucher über sein alltägliches Konsumverhalten nachdenkt und bspw. den Wegwerfbecher oder die Plastikflasche gegen eine langlebige Mehrwegverpackung tauscht. Über solche Alternativen berichten wir auf unserem Blog sehr gerne, weil Aufklärung wichtig ist.

      Viele Grüße
      M21

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