Was haben wir während des Lockdowns nicht alle unser Zuhause auf Vordermann gebracht. Solange wir zu den Glücklichen gehörten, die oft nicht „mehr“ tun mussten, als zuhause zu bleiben, sahen wir uns schließlich intensiv wie selten zuvor mit den eigenen vier Wänden konfrontiert. Wenn der physische Radius sich größtenteils auf das eigene Zuhause erstreckt, ist es schließlich naheliegend, sich mehr mit eben jenem auseinanderzusetzen. Und damit meine ich nicht einmal die längst überfällige Renovierung des Wohnzimmers oder den Balkon, den wir endlich so gepimpt haben wollten, wie wir es uns in unserer Pinterest-Pinnwand von 2017 vorgenommen hatten. Vielmehr war für das gute alte Aufräumen und Entrümpeln, dem Marie Kondo bereits vor einigen Jahren einen Neuanstrich verpasst hatte, jetzt endlich auch die Zeit gekommen.
Keine Frage – ein gemachtes Bett und ein aufgeräumter Schreibtisch können Wunder wirken. Da mag unser digitales Umfeld im Vergleich zunächst weniger sichtbar und greifbar wirken. Und dennoch kann sich dessen Zustand nicht minder auf unser allgemeines Wohlbefinden auswirken. Denn ganz schleichend, und doch nicht unerwartet, ist spätestens mit Corona unsere digitale Umwelt für viele unser zweites Zuhause geworden.
Doch wie steht es um unseren Zweitwohnsitz? Wie kümmern wir uns um unsere Desktops, Mails und Dateien?
Digitale Unordnung
Ein Blick ins E-Mail-Postfach: Nach zehn Jahren haben sich 14.000 Mails angesammelt. Bestellbestätigungen, Arbeitsmails, aber vor allem auch Newsletter über Newsletter. Irgendwie hat es ja immer ganz gut funktioniert… schließlich müssen wir nur den Laptop zuklappen und der digitale Clutter fühlt sich so gut wie bereinigt an. Alternativ können wir uns für relativ wenig Geld eine neue Festplatte kaufen oder Daten in die Cloud laden. Wir stoßen kaum an Grenzen. Aus den Augen, aus dem Sinn – so die Idee. Beinahe verständlich, dass in unserem oft hektischen Alltag immer andere Dinge wichtiger waren, als Ordnung in das Chaos zu bringen. Doch letzten Endes stehen wir vor einem riesigen Haufen – oft unsortierter Daten – die wir als digitalen Ballast mit uns herumtragen.
Denn Lebensbereiche haben sich verlagert. Telefon, Terminkalender, Fotoalbum, Notizbuch, Dokumentenordner… Während die Liste sich endlos fortführen ließe, läuft all das auf unseren Screens zusammen. Wir übertragen zunehmend Teile unseres Alltags in das Digitale. Oft ohne dafür die gleichen Konsequenzen zu ziehen wie in der analogen Welt.
Analoges vs. Digitales Aufräumen
Aufräumen kennen wir meistens eigentlich alle noch ganz langweilig und analog. Damals eher noch als ungeliebte Aufgabe, die uns von unseren Eltern aufgedrückt wurde. Jedoch mussten wir spätestens nach dem ersten Umzug in ein eigenes WG-Zimmer oder in eine Wohnung zähneknirschend feststellen, wie essentiell ein Grundmaß an Ordnung für unser Wohlbefinden ist. Ganz klammheimlich haben wir dann vielleicht sogar begonnen, Freude daran zu finden. Haben gemerkt, wie wohltuend und geistig befreiend bereits der Prozess des Aufräumens selbst sein kann.
Was wir jedoch wohl kaum in unserer Erziehung gelernt haben, ist die Bedeutung des Digital Decluttering. Zu schnell und rasend kamen dafür die Digitalisierung und deren Auswirkungen in unser Leben. Es wird höchste Zeit, das Bewusstsein für digitale Ordnung auch als essentiellen Teil unseres digitalen Lifestyles zu sehen. Denn für die Meisten von uns hat digitale Ordnung oft immer noch nicht den gleichen Stellenwert wie die Ordnung des eigenen Zuhauses. Während Pizzakartons, dreckiges Geschirr und die Wäsche von letzter Woche sich schnell stapeln, aufdrängen und uns unwohl fühlen lassen, beherrschen wir digital ganz wunderbare Vermeidungsstrategien.
Tipps, Tricks und Tools
Dabei geht es auch anders. Es gibt kein Richtig und kein Falsch – jeder kann seine ganz individuelle Strategie für mehr geistige Leichtigkeit, auch im Digitalen, finden. Zum Glück ist das nämlich einfacher als man denkt. Anbei findet Ihr ein paar Tricks und Tipps, die Euch dazu anregen können, Eure ganz eigene Methode zu finden.
- Verbinden wir zunächst das Angenehme mit dem Nützlichen und schaffen Freiraum auf dem Desktop. Sieht direkt viel besser aus und motiviert zum Weitermachen! Sobald Ihr Euren Schreibtisch einmal aufgeräumt habt, könnt Ihr, falls nötig, einen „Vermischtes“-Ordner (ggf. mit Unterkategorien) anlegen, falls Ihr einige Dateien doch einmal direkt zur Hand haben wollt. Fegt diesen regelmäßig durch und erfreut Euch beim Starten des PCs zunächst am schönen, cleanen Schreibtisch, der Euch als Erstes begrüßt.
- Das Wichtigste, der Anfang, ist bereits gemacht. Von jetzt an ist alles eine Frage der richtigen Einteilung. Bei allem Enthusiasmus solltet Ihr auch hier eins nach dem anderen angehen. Das gilt für Dokumente und Bilder genauso wie für E-Mails. Schließlich soll es ja Spaß machen (ja, wirklich). Erstellt für Euren zu bereinigenden Clutter am Besten zunächst einmal Ordner, je nach Realisierbarkeit nach Monat oder Jahr. Vielleicht könnt Ihr Euch ja eine feste Zeit einplanen, in der Ihr Euch wöchentlich einer machbaren Herausforderung annehmt. Belohnungsgefühle garantiert! Und ganz nebenbei entdeckt Ihr vielleicht kleine Juwele: Fotos und alte E-Mails von Freunden, die alte Erinnerungen wecken und ihren eigenen Platz bekommen.
- Falls sich Eure E-Mails wie bei mir auch metaphorisch haushoch stapeln, solltet Ihr Euch zunächst den Newslettern widmen. Leider sind sie der Killer Nr. 1 für jedes aufgeräumte Postfach. Seid hier daher radikal. Ein paar Lieblinge dürfen bleiben, aber in unserem analogen, „wirklichen“ Briefkasten möchten wir ja auch keine ständigen Gratisflyer finden. Qualität geht hier eindeutig vor Quantität.
- Lasst die Technik für Euch arbeiten: Das automatische Sortieren von bestehenden wie ankommenden E-Mails in entsprechende Ordner kann die Ordnung enorm erleichtern. Mit den meisten gängigen Mail-Programmen (z.B. bei Apple Mail, Outlook, Google Mail und Thunderbird) könnt Ihr Mails von wiederkehrenden Absendern durch sogenannte Filter oder Regeln ihrem künftigen Bestimmungsort zuweisen.
Von nun an sollte Eurer digitalen Ordnung nichts mehr im Wege stehen. Ich wünsche Euch viel Freude beim Aufräumen – damit Ihr Euch danach mit freiem Kopf digital ausleben könnt. Habt Ihr noch weitere Tricks und Tipps? Teilt sie gerne in den Kommentaren.
Über die Autorin
Dorothea ist 23 Jahre alt, lebt in Berlin und beschäftig sich privat seit Längerem mit den Themen Minimalismus und Entschleunigung. Als Mitglied der Generation Y und den damit einhergehenden Prägungen kann sie ihre „ganz eigene Sichtweise auf die Dinge“ beitragen. Bis zuletzt hat sie bei einer Kreativagentur für Kinowerbung als Junior Account Manager gearbeitet. Derzeit befindet sich Dorothea in einer Orientierungsphase und baut auf Basis ihres langjährigen Hobbys – des Schreibens – eine Portfolio-Seite als Texterin auf.
Praxistipps Minimalismus: Mitmachen
Wie lebt Ihr minimalistisch(er)? Schreibt uns eine E-Mail oder meldet Euch direkt über unsere Mitmachen-Seite. Gerne veröffentlichen wir Eure Erfahrungen auf unserem Blog. Wer mag, packt noch ein kurzes Foto von und ein paar Worte über sich dazu. Auch Vorher-Nachher-Aufnahmen sind herzlich willkommen.
Beitragsbild © Jeff Sheldon on Unsplash, Autorenfoto © Dorothea Klein privat.
Hallo!
Vielen Dank für die Tipps und Anregungen.
Ich habe erst heute, vor dem Lesen dieses Artikels, meine Festplatte aufgeräumt. Das mache ich regelmäßig, da mein interner Speicher nicht sehr groß ist und deswegen nur das enthält, was ich derzeit bearbeite. Bin ich damit fertig, lagere ich es auf eine externe Festplatte aus. Aus rechtlichen Gründen muss ich Vieles davon einige Jahre aufbewahren.
Dennoch würde ich dieses regelmäßige Aufräumen und das Minimieren von Speicherplatz allen empfehlen, die es gerne aufgeräumt mögen. Wer keinen Platz hat, kann auch nichts anhäufen. Und wer sich dem Aufräumen regelmäßig widmet, steht nicht irgendwann vor einem großen Berg an Arbeit.
Viele Grüße und frohes Aufräumen an alle.
Mini Tiny House
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Ich finde auch, dass es sehr wichtig ist, sich selber Gedanken darüber zu machen, was im eigenen Leben Platz haben soll. Das fängt bei uns schon beim wöchentlichen Einkauf an. Ich mag zum Beispiel keine Plastikverpackungen. Mir ist es viel lieber, im Unverpacktladen einzukaufen. Da nehme ich dann meine eigenen Taschen und Gläser mit, in die die Waren daran hineinkommen. Schade, dass es das noch nicht so oft gibt. Wir mussten in unserer Stadt sehr lange darauf warten, dass ein Unverpacktladen eröffnete. Jetzt bin ich viel entspannter beim Einkaufen, weil ich zuhause angekommen, keine Zeit für die Entsorgung von Verpackungsmaterialien verschwenden muss.
Zum Thema Kleindung haben wir uns auch so unsere Gedanken gemacht. Es kommt hier schon einiges zusammen in einem vierköpfigen Familienhaushalt. Das Wäschewaschen nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ständig müssen wir nach Farben und Materialien trennen, damit es separat gewaschen werden kann. Mittlerweile sind wir der Ansicht, dass es für ein minimalistische Leben, das wir bevorzugen, viel zeitsparender ist, Kleidungsstücke nur in einer Farbe zu kaufen. Und auch nur jene Stücke, die wir wirklich benötigen. Wir brauchen keine 5 Wintermäntel oder 10 Paar Schuhe. Alle müssen doch geputzt, gepflegt und aufgeräumt werden. Hier gilt für uns auch: Weniger ist mehr Zeit für wichtigere Dinge.
Es tut so gut, wenig Balast im Leben mit sich zu schleppen. Es lebt sich einfach viel leichter, wenn man nicht zu viel besitzt. Denn jeder Besitz benötigt Zeit, Geld und Aufmerksamkeit. Wir finden es in unserer Familie viel wichtiger, Zeit für und miteinander zu haben. Der tägliche Alltag mit Job, Schule und Kindergarten raubt uns schon soviel unserer Lebenszeit, in der wir nicht zusammen sein können. Unsere Traumsituation wäre es deshalb, dass jeder von uns Erwachsenen nur halbtags arbeiten müsste. Das streben wir an und hoffen, es in Zukunft umsetzen zu können.
Alles in allem ist ein minimalistischer Lebensstil für uns der beste Weg im Leben.