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Nachlese: Less is more (Francine Jay)

Francine Jay ist „Miss Minimalist“ und bloggt seit 2009 über nachhaltigen Konsum und einen minimalistischen Lebensstil. Ihr gleichnamiger Blog gehört zu den ersten, die ich selbst regelmäßig zum Thema gelesen habe. Besonders ihre Kategorie „Real Life Minimalists“ und die Geschichten, wie Menschen zu Minimalisten geworden sind, inspirieren mich bis heute immer wieder aufs Neue. Mit The joy of less. A minimalist living guide hat die Autorin bereits 2009 im englischsprachigen Raum ein Standwerk zum Decluttern, Organisieren und Vereinfachen des Lebens geschrieben, das zu einer meiner ersten Ausmist-Lektüren zählt. Im Herbst 2016 erschien die deutsche Übersetzung unter dem Titel Less is more. Von der Freude des Weglassens beim Mosaik Verlag.

Herr der Dinge werden
Wer jetzt einen Vergleich zwischen Original und Übersetzung erwartet, den muss ich jedoch leider an dieser Stelle enttäuschen. Mein Plan war es, mich Less is more im Deutschen noch einmal vollkommen unbefangen zu nähern. Also wie zu Beginn meines eigenen Weges mit Weniger zum Mehr. Dass sich mein persönlicher Blick auf die Thematik in den vergangenen Jahren gewandelt hat, wurde mir allerdings schon beim Klappentext klar. Francine Jay präsentiert Minimalismus selbstbewusst als Lösung für ziemlich viele Probleme. Werde ein Minimalist und hol‘ dir die Konrolle über dein Leben zurück und werde ein glücklicherer Mensch. Das klingt zwar im ersten Moment durchaus verlockend und vielversprechend. Geht mir aber im zweiten Schritt gegen den sprichwörtlichen Strich, der Lebensstile und -haltungen förmlich zur (Ersatz-)Religion stilisiert, um am Ende – übertrieben gesagt – ein Heer an Besser- oder Gutmenschen zu kreieren.

Ich kann also nicht verhehlen, dass ich mit einer gewissen Skepsis beim Lesen gestartet bin, auch, weil mir selbst das reine Entrümpeln als Kennzeichen des Minimalismus auf den ersten Seiten zu eng gefasst ist. Aller anfänglichen Skepsis zum Trotz: Das Buch gewinnt mit jeder Seite an Fahrt. Ein wichtigen Ansatz, den Jay verfolgt, besagt: Wenn wir wirklich dauerhaft […] minimalisieren wollen, müssen wir […] unsere Einstellungen und Gewohnheiten ändern. Ähnlich wie bei einem dauerhaften Gewichtsverlust müssen wir achtsam bleiben für das richtige Maß und entsprechende Grenzen setzen, also den permanenten Zustrom von außen kontrollieren. Diese Verhaltensänderungen brauchen Zeit.

Geflügelte Wörter: Less is more oder Weniger ist mehr

Wie (später) Marie Kondo plädiert sie dafür, an Dingen nur aus Freude, nicht aber aus Pflichtgefühl festzuhalten. Das Wegwerfen ist hier jedoch glücklicherweise nur die letzte von vielen Möglichkeiten. Ein eindeutiger Pluspunkt im Gegensatz zur ihrer japanischen Aufräumkollegin. Denn Minimalismus leben heißt bei der Amerikanerin, Verantwortung für seinen Besitz zu übernehmen: Dafür, wie jeder einzelne Artikel in dein Leben gekommen ist. Aber auch dafür, wie er möglichst verträglich wieder aus dem Haus kommt. Mit anderen Worten: Wir müssen für den gesamten Lebenszyklus eines Gegenstandes, den wir kaufen, Verantwortung übernehmen, und dazu gehört auch seine Beseitigung.

Und: Kenner der drei oder (wie bei Bea Johnson) fünf „Rs“ (refuse, reduce, reuse, recycle, rot) bekommen hier zusätzlich die drei „Ws“ an die Hand, nämlich wegwerfen, würdigen, weitergeben. Wie dieses Konzept in der Praxis aussieht, erklärt die Expertin in einer gewissen Redundanz gebetsmühlenartig in einem theoretischen sowie in einem praktischen Teil. Von Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer bis hin zu Küche, Bad, Lager und Co. wird in sogenannten „Modulen“ gearbeitet, die unser Hab und Gut auf bestimmte Flächen und Plätze für mehr Ordnung verweisen. Formen der Capsule Wardrobe und ihre Umsetzung gleich mitgedacht.

Um dem Krempel als soziales Wesen wirkungsvoll zu begegnen, greift die Bloggerin durchaus zu drastischen Gedankenspielen. Oder hast Du Dir schon einmal überlegt, was Du im Katastrophenfall als Erstes und Einziges retten würdest? Oder hast Du wirklich schon einmal alles aufgeschrieben, was Du besitzt, von der Socke bis zur Tiefkühltruhe? Egal, wie die Antwort ausfällt: Entrümpeln ist unendlich viel einfacher, wenn du entscheidest, was du behältst – und nicht, was du wegschmeißt. Hilfestellungen bieten die zahlreichen Fragen, die wir an die fragwürdigen Gegenstände stellen sollen. Aber auch die an uns selbst: Warum leben wir nie in der Gegenwart? Warum können wir nicht genießen, ohne zu besitzen? Warum wollen wir unsere Wohnung oft zum Museum unserer Vergangenheit machen? Warum benutzen wir 20 Prozent unseres Besitzes in 80 Prozent unserer Zeit, Stichwort „Pareto“? Warum glauben wir, stets mit anderen mithalten zu müssen beim Konsum, bei Klunker und Kokolores?

Überlegungen, die auch Robert Wringham bei seinem Werk Ich bin raus wiederholt aufgreifen wird. Plädoyer seiner Schwester im Geiste: Lasst uns zum Minsumenten werden, also zu jemandem, der seinen Konsum entsprechend seinen grundlegen Bedürfnissen minimiert und damit den Einfluss auf Umwelt und Leben der anderen. Ein grundsätzliches Verbot, jemals noch den Fuß über eine Ladenschwelle zu setzen, ist damit nicht verbunden.

Become a Minsument
Francine Jay entlarvt Techniken, mit denen wir uns beim Aussortieren gerne selbst betrügen, ermuntert uns zum Verbraucher-Ungehorsam, plädiert für Secondhand als (lokale) Shopping-Standardquelle beim Neukauf und nimmt einem die Angst, dass ein Entsorgen von Dingen einer Trennung vom Ich gleichkäme. Hilfreiche Tipps zum Umgang mit unliebsamen Geschenken sowie mit hortenden Mitbewohnern wie die Rauskiste helfen dabei, auf den – ganz wichtig – eigenen positiven Level zu reduzieren. Nicht ganz so glücklich erscheinen mir einige sprachliche Formulierungen zu Beginn, zumal der deutsche Wortschatz mehr als „wird“ und „werden“ zu bieten hat. Auch die Pauschalität, dass wir in jungen Jahren stets sorgenfrei und glücklich, weil tendenziell eher besitzlos waren, ist mir von zu weit her geholt. Ach ja, und Kleidercontainer sind leider nicht in jedem Fall ein grüner Weg, um Abgetragenes getrost entsorgen zu können.

Zu guter Letzt sei gesagt: Jede Entscheidung gegen etwas ist ein Geschenk an den Planeten. Die Luft wird etwas reiner sein, das Wasser ein wenig klarer, die Wälder ein bisschen grüner, die Müllhalden etwas leerer. Minimalismus ist – da stimme ich Jay zu – die simpelste Form von Aktivismus, dennoch hat er die Macht, unser Leben, unsere Gesellschaft und unseren Planeten zu verändern.

Alle Zitate nach Francine Jay: Less is more. Von der Freude des Weglassens. Mosaik Verlag, München 2016 (16,99 Euro)

Getreu dem Thema des Buches geben wir unser Rezensionsexemplar gerne direkt an Euch weiter. Wer Interesse hat, hinterlässt bis 11. Juni 2017 einen Kommentar auf dem Blog samt E-Mail-Adresse (nicht öffentlich sichtbar!) oder direkt unter dem entsprechenden Facebook-Beitrag. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Umtausch oder Barauszahlung des Gewinns sind nicht möglich. Teilnahmeberechtigt sind Personen ab 18 Jahren. Viel Glück!

Gewinnspiel: Ausmist-Challenge mit Haushaltsfee

Claudia ist eine Fee. Eine interaktive Fee. Ihr Reich umfasst alle gängigen Social-Media-Kanäle. Ihr Versprechen ist beinahe magisch: Hausarbeit mit Leichtigkeit. Zusammen mit ihrem Mann Karsten hat die Familienunternehmerin im März 2014 die Webseite Haushaltsfee.org gelauncht. Dort gibt das Organisationstalent unter anderem ihr gesammeltes Wissen rund um Haushalt, Garten und Home Office in Form von (kostenpflichtigen) E-Mail-Kursen, E-Books sowie Checklisten weiter. Die Listen strukturieren gleichermaßen ihren eigenen Alltag, sagt die digitale Nomadin, die mit ihrer Familie nach Kanada ausgewandert ist: „Das „Abhaken“ ist für mich Erfolgserlebnis und Motivation zugleich.“

Davon sollen künftig auch andere Menschen profitieren. Claudias jüngste Idee: Eine Ausmist-Challenge mit Gleichgesinnten, die im „Kram ersticken“ und sich externe Unterstützung wünschen. Wie die gebürtige Deutsche selbst zu einem Leben mit weniger Ballast gefunden hat und warum Ausmisten in Gruppen ein positiver Wettbewerb sein kann, hat sie Minimalismus21 im Interview erzählt.

Wer sind die Menschen hinter Haushaltsfee?
Herzlichen Dank erst mal für die Einladung zum Interview. Hinter Haushaltsfee stecken mein Mann Karsten und ich. Ein kleines Familienunternehmen also. Seit über fünfzehn Jahren arbeiten wir schon online von zu Hause aus. Das Thema Ausmisten kam hinzu, nachdem ich mich selbst intensiv damit zu beschäftigten begann. Da ist so viel Kram, den wir durchs Leben schleppen, den wir aber nicht benutzen. Das raubt so viel Energie, nicht nur fürs Organisieren und Putzen. Sondern einfach das Dasein des Gerümpels an sich ist belastend und die Energie ist nicht im Fluss. Genau so war das auch bei mir.

Claudia und ihr Mann Karsten sind die Haushaltsfee © Haushaltsfee.org/ Timothy Richard Photography

Wir haben unsere Dinge nicht gezählt, die wir besitzen, aber es sind sicher trotz Ausmistens noch zu viele. Nach vielen Umzügen in den letzten Jahren sind wir auch noch am Entrümpeln und Vereinfachen. Auch Minimalismus ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt, wobei ich das nicht an einer bestimmten Anzahl von Dingen festmachen will.

Dazu mag ich zum Beispiel ein ausgefallenes Einzelstück viel zu gern. Was Minimalismus für den Einzelnen bedeutet, sollte jeder für sich selbst herausfinden.

Wie ist die Idee zur Ausmist-Challenge entstanden?
Als ich selbst mit dem Ausmisten anfing, fiel mir auf, wie schwer es ist, sich selbst zu motivieren und dabei zu bleiben, auch wenn ich nicht gleich die großen Ergebnisse sah. So war es für mich hilfreich, kleine Aufgaben fürs Entrümpeln zu entwickeln. Damit fiel es mir leichter, trotz Chaos systematisch vorzugehen. Da ich die Arbeit in Gruppen – egal ob offline oder online – persönlich sehr bereichernd finde, hätte ich mir fürs Ausmisten auch eine Gruppe für Austausch und Motivation gewünscht. Aus meinen eigenen Erfahrungen und Wünschen entstand dann die Idee, eine „Ausmist-Challenge“ mit täglichen Aufgaben und geschlossener Facebook-Gruppe anzubieten.

Die neue Ausmist-Challenge der Haushaltsfee startet am 29. Mai 2017 © Haushaltsfee.org

Unsere erste „Haushaltsfee Ausmist-Challenge“ fand vom 3. April bis 15. Mai 2017 statt. Über 2.500 Teilnehmer waren dabei. In einer Umfrage im Anschluss gaben alleine 263 Teilnehmer an, zusammen mehr als 55.000 Teile ausgemistet zu haben. Das hat selbst uns vom Hocker gehauen. Das Feedback der Teilnehmer war so positiv und eine Verlängerung der Challenge wurde gewünscht. Die neue Challenge wurde aufgrund des Teilnehmer-Feedbacks noch erweitert und verfeinert. So wird es nun zu jeder Tagesaufgabe zusätzlich eine Checkliste zum Ausdrucken geben, so dass man den vollen Überblick hat, was schon erledigt ist und was noch ansteht. Bei der neuen Challenge bleiben Samstag und Sonntag übrigens frei. Wer Lust und Bedarf hat, kann freiwillig nacharbeiten, aber irgendwann muss ja auch mal Pause sein :-).

Ausmistratgeber und Anleitungen zum Entrümpeln boomen: Wie erklärst Du Dir diesen Trend?
Das ist eine spannende Frage, denn die Werbung und das Angebot in den Kaufhäusern wollen uns ja weiterhin zu mehr Konsum verführen. Ich persönlich denke, dass ein Teil der Menschen eine Art „Bewusstseinsprozess“ durchläuft. Sie bemerken, dass Kaufen, Besitz, ein voller Terminkalender und das neue Zweitauto nicht zu Glück und Zufriedenheit führen. Sondern ganz im Gegenteil zu Stress, Zeitmangel, Verschuldung, Überstunden oder Zweitjob, die Notwendigkeit für eine größere Wohnung oder Haus, um all den Kram zu verstauen.  Damit verlieren die Konsumenten den Kontakt zu sich selbst und was sie wirklich in ihrem Leben wollen. Echtes Glück und Zufriedenheit fängt immer in uns selbst an. Glück kann man sich nicht kaufen, auch wenn die Werbung versucht, uns das Gegenteil zu erzählen. Ich selbst zum Beispiel meditiere täglich, gehe viel in die Natur, nehme mir Zeit für mich und mein Zeitplan ist sehr entspannt.
Da man bei all dem Kram gar nicht weiß, wo man überhaupt anfangen soll, fällt der Anfang des Entrümpelns oft so schwer. Viele Menschen fühlen sich einfach überwältigt und schaffen es kaum, mit dem Ausmisten überhaupt loszulegen. Ausmistratgeber und Anleitungen bieten dafür einen guten Einstieg.

Was unterscheidet Eure Challenge von anderen Angeboten?
Die Angebote, die ich bisher gesehen habe, sind mir persönlich zu oberflächlich und unstrukturiert. Mit Aufgaben wie „Heute misten wir die Küche aus“ kann ich wenig anfangen. Ich selbst benötige konkrete Aufgaben und Handlungsanweisungen. Gerne mit Fragen, um auch Dinge zu entdecken, die mir sonst entgangen wären. Und genau so ist unser neuer Kurs auch aufgebaut: Neben Motivation und Zielfindung gibt es täglich konkrete Aufgaben mit den entsprechenden Checklisten, einen Motivationsbogen sowie die Facebook-Gruppe für Challenge-Teilnehmer.
Jeder hat die Möglichkeit, die Challenge drei Tage kostenlos zu testen. Ohne Risiko. Keine automatische Verlängerung. Am Ende des dritten Tages kommt dann eine E-Mail mit einem Angebot zum Weitermachen. Die Wochenenden bleiben frei. Die Teilnehmer erhalten täglich eine konkrete Aufgabe mit Entscheidungshilfen und Checkliste per E-Mail. In der von uns moderierten Facebook-Gruppe können sich die Teilnehmer dann austauschen, konkrete Fragen stellen, Hilfe holen und sich gegenseitig motivieren. Die volle Ausmist-Challenge über zehn Wochen kostet 67  Euro.

Für wen eignet sich die Challenge?
Wir empfehlen die Haushaltsfee Ausmist-Challenge für alle diejenigen, die Mühe haben, das Entrümpeln alleine anzugehen. Für alle, die eine strukturierte Vorgehensweise und konkrete Aufgaben bevorzugen. Wir richten uns an Leute, die sich gerne in einer Gruppe austauschen und dadurch motiviert fühlen. Die Teilnahme in der Facebook-Gruppe ist aber kein „Muss“. Man erhält alle Aufgaben und Informationen in den Tages-E-Mails.

Die Haushaltsfee verspricht Hausarbeit mit Leichtigkeit © Haushaltsfee.org

Drei Anfänger-Tipps von Dir zum Ausmisten?
Für den schnellen Start empfehle, ich mit einer Mülltüte durch alle Räume zu gehen und wegzuwerfen, was rumliegt und nicht mehr gebraucht wird. Behalte nur, was Du auch wirklich benutzt und was Dir Freude bereitet. Sei nicht zu streng mit Dir, auch wenn Du nicht gleich die große Veränderung siehst. Entrümpeln ist ein Prozess und jedes Teil, das Du ausmistest, zählt.

Wie schafft man es auf lange Sicht, ordentlich und gerümpelfrei zu leben?
Wer sich für ein gerümpelfreies Leben entscheidet, sollte die ausgemisteten Dinge nicht wieder ersetzen wollen. Außer zum Beispiel, wenn das alte Geschirr gegen ein Neues ersetzt werden soll.
Generell sollte man beim Einkauf viel bewusster vorgehen und sich fragen, ob man das Teil, das man im Auge hat, tatsächlich benötigt. Ob man es wirklich benutzen wird, ob man das potentielle neue Kleidungsstück gerne tragen würde oder das neue Teil das Leben überhaupt positiv bereichert. Am „gesündesten“ wäre es, „Shoppen als Hobby“ grundsätzlich zu reduzieren und spezielle Angebote oder „Reduziert-Ständer“ zu meiden. Für mich hat sich die Lust auf Einkaufen seit dem Ausmisten sehr verändert. Kleidungsgeschäfte zum Beispiel sind kaum mehr interessant für mich. Aktuell gibt mir nicht einmal mehr das Einkaufen von gesunden Nahrungsmitteln das Gefühl einer willkommenen Abwechslung.
Für den Neukauf einer Sache empfehle ich die Regel, dass dafür mindestens ein „altes“ Teil den Haushalt verlässt oder besser sogar zwei. So bleibt man weiterhin beim Ausmisten.

Minimalismus21 sagt „Herzlichen Dank“ für das Gespräch und bietet seinen Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, kostenlos an der zehnwöchigen Ausmist-Challenge teilzunehmen, die am 29. Mai startet. Haushaltsfee.org stellt uns unentgeltlich drei Gutschein-Codes zur Verfügung, die wir direkt an Euch weiterleiten lassen.

Was Ihr tun müsst? Hinterlasst uns einfach bis Montag,  29. Mai 2017 (10 Uhr), einen Kommentar samt E-Mail-Adresse (nicht öffentlich sichtbar!) auf dem Blog oder auf unserem Facebook-Kanal: Verratet uns Eure besten Tricks, Kniffe, Strategien etc. für ein reduziertes und gerümpelfreies Leben.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Umtausch oder Barauszahlung des Gewinns sind nicht möglich. Teilnahmeberechtigt sind Personen ab 18 Jahren.

Digitale Abhängigkeiten minimieren

Der Batteriestand meines Mobiltelefons ist niedrig. Nervös werfe ich einen Blick auf das Display. Ist das schon ein erstes Anzeichen von Sucht? Mir geht es aktuell oft so. Aus Gründen. Zum einen nutze ich mein Smartphone häufig und gerne. Zum anderen gibt der Akku meines Geräts in letzter Zeit bereits nach wenigen Stunden erbarmungslos den Geist auf.

Wenn ich mal wieder auf das erloschene Display blicken muss, könnte ich richtig wütend werden. So sehr hänge ich an den bunten Icons, dem Reigen verheißungsvoller Verlockungen. Natürlich kann man sich den Social-Media-Kanälen als Blogger nicht entziehen, vor allem, wenn man „en vogue“ bleiben möchte. Eine willkommene Ausrede also? Mit Blick auf das schwarze, funktionslose Ding in meiner Hand letztlich ohne Bedeutung: Ich bin gezwungenermaßen offline.

Digitales Leben in der Vergeudungsökonomie
Wurde ich mal wieder das Opfer von geplanter Obsoleszenz? Ja und nein. Fast fünf Jahre intensive Nutzungsdauer ist heute vor allem bei mobilen Endgeräten nicht mehr eingeplant. Da auf meinem alten iPhone 4s trotzdem noch IOS 9 sowie die meisten Apps (mitunter etwas ruckelig) funktionieren, kann ich diesbezüglich kaum von einer geplanten, indentierten Alterung des Produktes sprechen. Mehr als ein halbes Jahrzehnt „Lebenszeit“ dürfen Konsumenten heute eben offensichtlich nicht mehr erwarten. Schließlich ist ein Smartphone mit seiner komplexen Computertechnik kein Tischfernsprecher W48. Diese alten Bakelit-Wählscheiben-Telefone unserer Großeltern erfüllen teilweise bis heute ihre Funktion: nämlich ein Telefonat zu führen. Nicht mehr, aber selbst nach 50 Jahren nicht weniger. Warum also austauschen?

Heute ist das vollkommen anders. Dafür sorgen Werbe- und Marketingstrategen mit allen Tricks: Viele Nutzer sollen jedes Jahr ein neues Modell mit noch besseren Gimmicks wollen. Entsprechend schnell veralten die Vorgängermodelle, obwohl sie im Wesentlichen noch voll funktionstauglich sind.

Links im Bild: Das neue Gebrauchte

So wie mein 4s, wenn der Akku noch durchhalten würde… Natürlich sind Stromquellen Verschleißteile; aber dass Firmen wie Apple den Austausch künstlich mit Verklebungen und besonderen Schrauben erschweren, ist eben doch ein klares Indiz für geplante Obsoleszenz. Die Botschaft lautet: Reparatur unerwünscht! Was also tun?

Ich bin wahrlich kein Fortschrittsverweigerer. Aber manchmal beneide ich die älteren Generationen, die sich Geräte für die  Ewigkeit gekauft haben – wie das bereits erwähnte, unverwüstliche W48. Da sich mein digitaler Entzug schmerzlich bemerkbar machte, das Display immer noch schwarz geblieben ist, versuchte ich mich an den Gedanken einer Neuanschaffung zu gewöhnen. Beim Durchforsten der verschiedenen Angebote offenbart sich die Misere unserer Konsumgesellschaft. Gerade bei Smartphones kann ich beim besten Willen keine wirkliche Innovation mehr erkennen, die den Kauf eines neuen Modells rechtfertigen würde. Trotzdem werden Begehrlichkeiten geschickt geschürt – fast schon mit pseudoreligiösen Heilsversprechen. Dahinter wird nur versteckt, dass die Entwicklung ausgereizt zu sein scheint. Oder sind eine noch höher auflösende Kamera, ein noch schnellerer Prozessor und eine noch aufwendigere Lackierung wirklich zukunftsweisende Neuerungen? Ich habe eigentlich keine überzeugenden Gründe gefunden, die einen Tausch für mich rechtfertigten.

Gebraucht statt neu
Obwohl wir für unseren Blog Smartphones nutzen, habe ich gerade keine Lust auf eine Neuanschaffung. Wenn man wie ich das Telefon bis zu seinem Funktionsende benutzen will, wäre ein Neukauf – trotz der teilweise horrenden Preise – dennoch sinnvoller.  Denn das Sponsoring durch den Mobilfunkanbieter rechnet sich nur, wenn man sich alle zwei Jahre ein neues Gerät holt. Bei diesem Konsumzirkus möchte ich jedoch nicht mitmachen. Ein typisches Erste-Welt-Problem, ein modernes Konsum-Dilemma sozusagen.
Doch ich hatte Glück: Ich nutze jetzt ein iPhone 4, das ich geschenkt bekommen habe. Dieses ausrangierte Firmenhandy zwingt mich, auf liebgewonnene Funktionen wie Panoramabilder und die Sprachsteuerung Siri zu verzichten. Auch die eine oder andere App ist nicht mehr auf dem neuesten Stand oder lässt sich gar nicht mehr installieren. Das ist jedoch alles nicht halb so schlimm wie befürchtet. Zwar sehe ich zum Beispiel keine Instagram-Videostories mehr, da diese Funktion nicht unterstützt wird. Aber auf solche digitalen Zeiträuber kann ich bereits nach wenigen Tagen problemlos verzichten.

Außerdem konnte ich meine bisherigen Anwendungen nicht einfach auf das iPhone 4 übertragen, weil ein Downgrade auf ein älteres Gerät bei iTunes nicht vorgesehen ist. Dass erst einmal nichts installiert ist, kommt einem Entrümpelungs-Kahlschlag gleich. Bevor ich wieder digital vermülle, überlege ich aktuell lieber dreimal, ob ich eine App wirklich erneut herunterlade. Weniger ist auch hier eindeutig mehr, denn plötzlich ist der Reigen der digitalen Verlockungen auf ein sinnvolles Maß zusammengeschrumpft – eine wahre Wohltat!

Und das Beste: Ich muss erst einmal kein neues Smartphone kaufen.

Ich bin technisch eher ungeschickt. Deshalb habe bei meinem alten 4s bereits einmal den Akku austauschen sowie den Home- und den Ausschaltknopf reparieren lassen. Falls Ihr jedoch Euer altes Smartphone selbst reparieren wollt, habe ich einen Link-Tipp für Euch: iFixit. Das kostenlose Reparaturhandbuch für alles, geschrieben von allen.