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#Reset 5. Das Ende der Schonzeit

Der Umzugs-Countdown läuft. Und mit ihm das Aussortieren. Zwölf Jahre lebten wir in unserer jetzigen Wohnung. Vieles hatte seinen festen Platz. Einiges haben wir bereits in letzter Zeit entsorgt. Ein stetiger Prozess, um die eigenen vier Wände immer weiter zu optimieren.
Doch jetzt ändert sich alles. Unsere zukünftige Bleibe muss neu gestaltet werden. Das ist gut so, denn jetzt stehen plötzlich Besitztümer zur Disposition, an die man zuvor beim Minimalisieren niemals gedacht hätte. Nach meiner heißgeliebten Yucca wird mein Sonnenschirm dem Umzug zum Opfer fallen. Denn die Wohnung in spe hat keinen Balkon mehr. Warum das so besonders ist, dass ich hier davon berichte? Nun, das hat mehrere Gründe:

  1. Es ist ein originaler Wirtshausschirm der hiesigen Augustiner-Brauerei. Den gibt es nicht zu kaufen. Ein besonderes Stück Lokalkolorit – dafür sind wir Münchner ja bekannt: Mir san mir, beste Stadt, bestes Bierbeliebig fortzusetzen :-).
  2. Es war nicht einfach, diesen Schirm zu bekommen. Meine langjährige Treue zum kleinen Getränkeladen am Eck hat es möglich gemacht. Bayerische Spezlwirtschaft halt (siehe Lokalkolorit).
  3. Was macht man mit dem guten Stück, das so besonders und nicht so leicht zu ersetzen ist? Richtig, man schont es! Besser: Ich habe es geschont.
    Die wenigen Tage, an denen ich den Augustinerschirm wirklich genutzt habe, sind kaum der Rede wert… Und jetzt? Ab diesem Sommer werden wir keinen Balkon mehr haben.

Und ich ärgere mich maßlos über mich selbst!
Minimalismus ist für mich ein stetiger Prozess, ein ständiges Lernen. Über mich selbst und meine Verhaltensmuster. Warum „schont“ man Dinge, die einem am Herzen liegen? In meinem Fall so lange, bis man sie nicht mehr gebrauchen kann. Statt sich in den letzten Sommern regelmäßig über die (Ab-)Nutzung meines Schatzes zu freuen, habe ich einen Billigschirm aufgepannt: den Alltagsschirm (könnte man auch auf das Alltagsgeschirr, die Hausklamotten, die Alltagsuhr… übertragen).

Das gute Stück wird stattdessen aufgehoben – für besondere Anlässe, bessere Zeiten oder den tolleren Sonnenschein… Ich verstehe es selbst nicht! Woher kommt diese Marotte? Ein solches Verhalten kenne ich eigentlich nur von meinen Großeltern – typische Kriegsgeneration. Meine Eltern haben mir das nicht vorgelebt: schöne Dinge sollen auch im Alltag benutzt werden und das Leben bereichern – Abnutzung inklusive. Doch genau das fällt mir schwer. Harmlose Kratzer oder Flecken sind mir ein Graus, wenn sie meine Lieblingsgegenstände (be-)treffen. Aber ich arbeite an dieser Marotte. Und habe aktuell einen Sonnenschirm zu vergeben – wie neu!

Kennt Ihr dieses Verhalten auch? Und habt Ihr Tipps für mich, wie man damit besser umzugehen lernt?

#Reset. Alles auf Anfang. Die aktuelle Blogserie auf Minimalismus21.

Begleitet uns in den nächsten Wochen bei unserem Einzug in ein neues Leben. Alle vorherigen Teile der Serie findet ihr unter dem Suchbegriff #Reset rechts oben (Lupe) und natürlich bei Twitter.

Konsumrausch und Völlerei. 3 Parallelen

Gerümpel kann das Körpergewicht beeinflussen. Und: Menschen, die sehr viel alte, unbrauchbare und wertlos gewordene Gegenstände in ihren Häusern horten, sind oftmals übergewichtig. Diese Aussagen stammen nicht von mir, sondern sind Erfahrungen, die Karen Kingston in ihrer jahrzehntelangen Arbeit mit Space Clearing gemacht hat (und die sicherlich diskussionsbedürftg sind). Ihre Beschäftigung mit diesem speziellen Zweig von Feng Shui umfasst das Reinigen und Klären von Energieflüssen in Gebäuden. Über ihre Arbeit hat die gebürtige Engländerin ein Buch geschrieben: Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags. Richtig ausmisten. Gerümpelfrei bleiben. Der Klassiker erschien bereits erstmals Ende der 1990er Jahre – also noch (weit) vor der Konkurrenzliteratur von Küstenmacher, Kondo und Co. Kingstons These: „Gerümpel verstopft nicht bloß Ihre Räume, sondern auch Ihren Körper“.

Ausmisten <–> Minimalismus <–> Abnehmen
Für ihre Behauptung führt die Autorin eine Reihe von Gründen an, darunter, dass sowohl Gerümpel als auch Körperfett Formen von Selbstschutz seien, mit denen sich Menschen v.a. gegen negative Emotionen abschotten würden. Auch fehlende Achtsamkeit gegenüber der eigenen Umgebung und sich selbst werden als weitere Punkte angeführt. Mein persönlicher, rein sujektiv gefärbter und nicht ernährungswissenschaftlich überprüfter Eindruck: Zwischen übermäßigem Konsum und Völlerei besteht definitiv ein Zusammenhang. Motivation, Auslöser und Handlungsmuster gleichen sich. Drei Parallelen möchte ich ins Rennen schicken.

Du bist nicht, was Du hast
1.
Manchmal habe ich das Gefühl, von meinem Besitz erschlagen zu werden. Das Ausmisten geht nicht schnell genug voran, zwei, drei Teile weniger machen sich in Summe im gewünschten Ausmaß kaum bemerkbar. In solchen Situationen fühle ich mich overwhelmed – im Sinne von erschlagen, erdrückt oder energielos. Das Fatalste, was jetzt passieren könnte: Die Flinte ins Korn zu werfen, zu resignieren, träge zu werden und passiv in alte Verhaltensweisen zurückzufallen. Sprich: Den eingeschlagenen Weg zum Weniger aus den Augen zu verlieren. Die verlorenen Kilos/Lücken voller Frust wieder zu stopfen und den Blick fürs große Ganze zu verlieren. Aller Anfang ist bekanntlich schwer, Rückschläge und Niederlagen gehören im Leben einfach dazu. Jetzt heißt es, nicht in den Rückspiegel zu blicken, sondern Krone richten und mit Vollgas weitermachen. Und das befreiende Gefühl konservieren, das sich mit jedem abgeworfenen Ballast einstellt. Mehr und mehr.

2.
Warum konsumierst/isst Du? Aus Lust, Frust, Langeweile, Stress, Kummer? Als Belohnung, Ausgleich, Nervennahrung? Wer ehrlich zu sich selbst ist, wird mitunter auf wenig erfreuliche Antworten stoßen. Ebenso derjenige, der unbewusst neue Dinge anhäuft oder achtlos (qualitativ minderwertige) Nahrung im Übermaß zu sich nimmt. Das Gefühl für die richtige Menge bzw. der Grad an Sättigung (kulinarische Achtsamkeit) gehen auf diese Weise kontinuierlich verloren. Um eigene Handlungsmuster zu durchbrechen, muss man ehrlich zu sich selbst sein. Das ist vor allem eines: nicht immer angenehm. Erstens, weil ich Dinge über mich erfahre, die ich nicht unbedingt wahrhaben wollte. Zweitens, weil mich diese Erkenntnis vor die Entscheidung stellt: Love it, leave it, change it. Also akzeptiere die Situation, verlasse sie oder ändere etwas. Sich seiner eigenen Haut zu entledigen, dürfte wahrlich schwer werden. Den – übertrieben gesagt – Messie-Haushalt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion sang- und klanglos zurückzulassen ebenso. Wenn Unzufriedenheit und Leidensdruck die individuelle Toleranzgrenze überschritten haben, hilft es trotzdem nur noch, die Reißleine zu ziehen: Change it! Werde aktiv und nehme die Herausforderung zur Veränderung an.

3. Ach ja, wie gemütlich waren sie immer, die Nachmittage bei Tante Erna. Das Gefühl von Heimeligkeit und Geborgenheit, der Duft von Kaffee und die Sahnetorte nach altem Familienrezept, serviert auf dem guten Sonntagsgeschirr. Menschen sind Dopamin-Junkies. Der Botenstoff macht sich im Gehirn breit, sobald unser Belohnungssystem aktiviert wird. Das fühlt sich gut an und schreit nach einer Wiederholung. Die Folge: Wir hängen an Dingen und konservieren bzw. wiederholen bereitwillig, was auf das System Happiness einzahlt – egal, ob Sinnlos-Shopping oder Tortenstück. Letzteres servieren wir im Zweifelsfall sogar dann noch auf der geerbten Porzellanserie, wenn uns Goldrand und florales Muster schon zum Halse raushängen. Auch Schuldgefühle und falsch verstandene Traditionen sind geistige Fesseln. Kurz gesagt: Der „Feind“ ist in unseren Köpfen. Dazu kommt: Dinge nutzen sich ab. Der Reiz des Neuen verschwindet nach und nach und löst keine angenehmen Gefühle mehr aus. Dann hilft es nur, die Menge zu erhöhen oder eine neue Glücksquelle ausfindig zu machen. Ein Naturgesetz, das viele Menschen ins Dilemma stürzt. Exzesse jeglicher Art mitgedacht.

Und nun? Nun, liebe Minimalistinnen und Minimalisten, seid Ihr gefragt! Kommen Euch diese Punkte bekannt vor? Falls ja: Welche Strategie habt ihr entwickelt, um Konsumrausch und Co. ein Schnippchen zu schlagen? Wir freuen uns sehr über Tipps und Anregungen und sind gespannt auf Eure Erfahrungen.

P.S.: Ein Rezept mit minimalem Aufwand, aber maximalem leichtem Genuss: Gekochter Spargel mit Quinoa und Zitronen-Limetten-Yoghurt-Soße – zu sehen auf dem Beitragsbild.

#Reset 4. Magic Cleaning nach KonMari

In vielerlei Hinsicht ist das Leben eine Frage der Perspektive. Ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, kann einen entscheidenden Unterschied machen. Ob die Bude halbvoll oder halbleer ist, auch. Das Wort „Bude“ – laut Duden „umgangssprachlich abwertend“ – geht mir momentan wiederholt durch den Kopf, wenn ich an unsere Wohnung und den bevorstehenden Umzug denke. Denn: In meiner Wahrnehmung sind unsere vier Wände nach wie vor zu voll. Allerdings ist das meine heutige Sichtweise. Vor ein paar Jahren hätte ich einen anderen Maßstab an den Tag gelegt, was meinen jetzigen Besitzstand betrifft. Eine Sache, die sich jedoch mehr und mehr einschleicht, ist das Gefühl: Irgendwie miste ich schon seit Jahren aus. Irgendwie komme ich nicht schnell genug voran. Irgendwie nimmt das Entrümpeln kein Ende. Und soll ich Euch was verraten: Irgendwie ist diese Erkenntnis gar nicht so verkehrt. Denn: Mein Minimalismus-Prinzip erfordert oft maximalen Einsatz vor mir.

KonMari-Methode
Wie sehr beneide ich manchmal meine alte Schulfreundin T., die schon einen Tag nach ihrer Hochzeit unliebsame Geschenke einfach in den Müll geworfen hat. Unausgepackt. Vollkommen emotionslos. Ohne mit der Wimper zu zucken. Was nicht gefällt, wird bei ihr umgehend entsorgt. Sentimentalitäten? Fehlanzeige! Oder der Herr Schwiegerpapa – ein männliches Pendant – der die Kunst des uneingeschränkten Loslassens nur leider nicht 1:1 auf den Herrn Sohnemann vererbt hat. Und so tun sich der Herr M21er und ich schwer mit Strategien à la Marie Kondo, die in ihrem Bestseller Magic Cleaning nur wenig für unsere Methoden und damit für Upcyling, Recycling, Spenden, Verkaufen und Nachhaltigkeit im Allgemeinen übrig hat. Obwohl mir die „japanische Aufräumberühmheit“ stellenweise einfach zu radikal beim Wegwerfen ist, gibt es einen Punkt, der mich beim Lesen ihres Ratgebers sehr nachdenklich gestimmt hat. Kondo empfiehlt, die Phase des Aufräumens auf einen bestimmten Zeitraum zu beschränken, etwa ein halbes Jahr. Das heißt übersetzt: Augen zu und durch. Im besten Fall ist man nach den besagten Monaten nicht nur den ganzen unnötigen Ballast los, sondern verspürt (zum ersten Mal im Leben) ein wahnsinnges Gefühl der Befreiung und Erleichterung.

Vollgas und Tempo als Weggefährten für zügiges Minimalismusleben
Wer nur häppchenweise ausmistet und/oder 1-Gegenstand-pro-Tag-Challenges absolviert, läuft nach Kondo nämlich schlicht und ergreifend Gefahr, gewollt oder ungewollt die gleiche Menge an Kram durch die Hintertür parallel wieder reinzuwirtschaften. Denn irgendeine Kleinigkeit findet fast immer ihren Weg in die Wohnung; sei es auch nur der neue Werbeprospekt oder die aktuelle Tageszeitung. Mit dem befreienden Gefühl, das als Motivator und Katalysator hin zu einem minimalistischen Lebensmodell wirken kann, ist es dann natürlich Essig. Aus diesem Grund habe ich einen Beschluss gefasst: Ich will mir dieses erlösende Aha-Erlebnis endlich einmal so „richtig geben“. Allerdings nach meinen Maßstäben. Und deswegen werde ich in der neuen Wohnung lediglich die Dinge aus den Umzugskisten nehmen, die Status Quo zu 150% in meinem Bestand bleiben sollen und die mir wirklich etwas bedeuten, die mir ein Gefühl der Zufriedenheit verschaffen und mich vorteilhaft kleiden. Stichwort: Capsule Wardrobe. Meine These: Das wird maximal ein Drittel sein und meinen Blickwinkel erneut stark verändern. Nicht das wird primär in die Hand genommen, was raus soll, sondern das, was nach wie vor wertvoll erscheint. Für mich eine absolute Umkehrung des bisherigen Prozesses.

Bewusst. Sein. Wandel
Nur das drastische Aufräumen in einem Rutsch löst einen Bewusstseinswandel aus“, sagt Kondo. Obwohl sich nach der M21-Methode im besten Fall zwei Drittel meiner Habe als überflüssig herausstellen und trotzdem noch in meinem Besitz sein werden, kann ich das Gefühl und den Anblick kaum erwarten: Die Vision von meinem minimalistischen Zuhause endlich einmal live gesehen zu haben. Vielleicht fällt es mir dann leichter, etwas mehr Nägel mit Köpfen zu machen. Flow- und drastische Wegschmeiß-Nachwehen inklusive.

#Reset. Alles auf Anfang. Die aktuelle Blogserie auf Minimalismus21.

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