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#MoreMoments 14: Brückenteilzeit mit Anfang 30

Teilzeit, Du, warum? Warum ich mich mit 31 für einen Tag weniger Arbeit entschieden habe.

Bist du krank? Bist du schwanger?

Mit 31 Jahren auf eine 4-Tage-Woche zu reduzieren, stößt in meinem Umfeld erst einmal auf Unverständnis. Dabei ist die Antwort so einfach: Weil ich es kann und weil es Bock macht. Ich meine: Einen Tag mehr frei haben für den ganzen Krempel, für den man sonst nie Zeit hat, der sich auf der To-do-Liste ansammelt und einem ein schlechtes Gewissen macht (sowas wie den Kühlschrank putzen oder den Keller aufräumen oder, das totale Klischee, die Steuererklärung) und dann am Wochenende frei für all die Abenteuer, die das Leben für einen bereit hält. So einfach ist das. Ich bin nicht krank, ich bin nicht faul, aber ich erwarte mehr vom Leben als eine 40-Stunden-Woche.

Mehr Zeit und Muße für Abenteuer am Wochenende wie hier auf dem Drachenwand-Klettersteig

Zugegeben, ein bisschen gestresst war ich schon nach sechs Jahren in einem anspruchsvollen Job mit hohen Erwartungen, viel Arbeit und einigen Überstunden. Und lange habe ich von einem Sabbatical geträumt. Mal ein Jahr raus aus allem, programmieren lernen, Surflehrer werden. Zwei Gründe sprachen dagegen.
Erstens: Ich vergesse schon nach drei Wochen Urlaub mein PC-Passwort und die Namen einiger Kollegen, nach einem Jahr müsste ich vermutlich noch mal neu studieren. Und im schlimmsten Fall wäre danach alles wieder wie vorher, genauso fad, stressig und normal wie immer. Und dann wäre das Sabbatical für immer dieses eine grandiose Jahr in meinem Leben. Ich will aber lieber 70 bis 80 grandiose Jahre. Carpe diem und so. Zweitens: Mein Freund hat keine Chance auf ein Sabbatical. Und so sehr ich ihn liebe, glaube ich nicht, dass es unsere Beziehung ausgehalten hätte, hätte ich ein Jahr im Ausland verbracht, während er seiner normalen Arbeit nachgeht. Man verändert sich in so einer Zeit – und ich will mich lieber mit ihm zusammen verändern. Also Teilzeit.

Philine mitten im Abenteuer – und in den Dolomiten

Mikroabenteuer leben
Deswegen habe ich ab Juli jeden Donnerstag frei. So wie er. Ich kann Euch gleich sagen: Der Donnerstag ist ein besch**** Teilzeit-Tag, grade wenn man in Bayern wohnt, fällt gefühlt jeder dritte Feiertag auf den Donnerstag. Wenn Ihr je vor der Wahl steht: Nehmt den Dienstag, da ist quasi nie frei. Aber leider war für ihn der Donnerstag fix. Also Donnerstag. Freitag oder Montag kamen für mich übrigens gar nicht in Frage. Ich wollte kein langes Wochenende. Ich will nicht unter dem Druck stehen, ständig lange Wochenenden irgendwo anders zu verbringen. Mein freier Tag soll ein „Krutscht-Tag“ sein und am Wochenende wird dann gerockt. So stelle ich mir das vor: Putzen, Einkaufen, Steuererklärung mache ich am Donnerstag. Festivals, lange Wanderungen, Klettertouren, Abenteuer am Wochenende, wenn auch meine Freunde Zeit haben.

Mein Tipp: Probiert mal einen freien Tag mitten in der Woche aus. So ein Mittwoch zum Beispiel. Es ist so entspannend, wenn die Woche von einem freien Tag getrennt wird.

Zeit statt Zeug. Und die Schönheit der Natur auf sich wirken lassen

Brückenteilzeit vs. Teilzeitfalle
Aber ich wäre ja kein klassischer Millenial, wenn ich nicht eine leichte Bindungsangst hätte. Mit 31 in die Teilzeitfalle? Das will ich nicht. Da spielt mir ein neues Gesetz in die Hände: die Brückenteilzeit. Gedacht ist diese Regel für Menschen, die ihre Familienmitglieder pflegen müssen oder Kinder erziehen wollen. Sie können für einen fixen Zeitraum zwischen einem und fünf Jahren in Teilzeit gehen. Danach habe ich ein Recht darauf, wieder aufzustocken. Ein Recht auf Brückenteilzeit hat jeder, der seit mindestens sechs Monaten in einem Unternehmen mit mindestens 45 Angestellten arbeitet. Dazu kommt, dass kein bestimmter betrieblicher Grund dagegen sprechen darf und in Unternehmen mit 46 bis 200 Angestellten muss der Chef nur einem von 15 Arbeitnehmern Teilzeit genehmigen. Einen Grund muss man nicht angeben.

Ich will das Ganze jetzt erst ein Jahr testen, ob mit Geld und Arbeit alles hinhaut. Meine To-do-Liste ist lang, die ersten Donnerstage sind bereits verplant. Ich freue mich schon sehr.

Über die Autorin
Philine, 31, ist Journalistin bei einem großen deutschen Online-Medium. Sie verbringt ihre Zeit am liebsten in den Bergen oder auf anderen Abenteuern.

More Moments.
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Alle Abbildungen © Philine privat.

#MoreMoments. Was wirklich wertvoll ist im Leben. Die aktuelle Blogserie auf Minimalismus21. Alle (vorherigen) Teile der Serie findet ihr unter dem Suchbegriff #MoreMoments rechts oben (Lupe) und natürlich bei Twitter. Zu Teil 1 und Teil 2 sowie zu Teil 3, Teil 4, Teil 5 und Teil 6, Teil 7 sowie Teil 8, Teil 9 Teil 10, Teil 11 und Teil 12 plus Teil 13.

3 Kommentare

  1. Hi,
    ich kenne das Gefühl. Ich habe einfach aus Spaß ein zweites Studium begonnen. Ich möchte einfach was neues lernen. Das darf sich gerne hinziehen (10 Jahre oder so) dafür habe ich meine Stunden auch reduziert und habe jetzt seit fast 2 Jahren den Dienstag frei.
    Es ist herrlich. Ich lerne nicht immer an meinem freien Tag, sondern erledige auch andere Dinge. Aber ich genieße die kürzere Arbeitswoche sehr. Und wenn es doch mal ein langes Wochenende sein soll, nehm ich einfach den Montag frei und habe vier Tage Zeit zum Wegfahren.
    Viele Grüße
    Jen

  2. Janine sagt

    Hallo,

    Ja, mitten in der Woche einen Tag für sich zu haben ist schon toll. Ich habe zwei Jahre als Buchhändlerin gearbeitet und habe gerne den Samstag dafür eingetauscht. Es ist einfach entspannter. Um ehrlich zu sein, fand ich es aber ganz gut, dass mein Mann da gearbeitet hat. So hatte er den Samstag meist für sich, ich den Donnerstag.

    Lg

  3. Guten Morgen,

    ich habe das letztes Jahr im Mai gemacht, auf 80% (Freitags frei) gekürzt. Erstmal für ein Jahr und ursprünglich wegen leichtem Burnout. Habe dann Anfang diesen Jahres schon die Befristung entfristet, es war die beste Entscheidung der letzten Jahre.
    Nicht nur, dass ich jeden Brückentag nun auch frei hab 😉 und 52 Tage „Urlaub“ im Jahr mehr, ich habe endlich Zeit für meine drölfzig Interessen. Ich habe u.a. entfristet, weil ich mich selbstständig gemacht habe nebenbei, was ich zu Vollzeit ausbauen möchte (deswegen auch die Entfristung, mein aktueller Job macht mir keinen Spaß (mehr), vor allem wegen struktureller Änderungen seit Jahren, d.h. ich möchte sowieso aus dem Angestelltendasein raus, deswegen ist das für mich mit der Teilzeitfalle auch nicht so ein Problem.

    VG
    Mel

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